Beraterin Tina Froböse analysiert die Ergebnisse des Tophotel-Hoteltests im Papa Rhein. Ihr Fazit: Der Gesamteindruck stimmt, in manchen Bereichen sollte gleichwohl nachjustiert werden.
Mit dem Papa Rhein brach Hotelier Jan Bolland 2020 zu neuen Ufern auf. Das Hotel direkt am Binger Hafenpark setzt auf urbanes Lebensgefühl und individuelle Ausstattung. Das soll Gäste begeistern, die unkonventionelles Ambiente suchen. Der Standort und die Mikrolage sind für das Konzept gut gewählt, da eine große Zielgruppe im Umkreis von zwei bis drei Autostunden im Ballungszentrum des Rhein-Main-Gebiets zu finden ist. Die unmittelbare Lage am Fluss ist ein überzeugend inszeniertes Alleinstellungsmerkmal und verleiht dem Konzept ein gewisses maritimes Flair.
Tophotel-Hoteltest: Beginn Guest Journey
Für eine Wellnessbuchung sich zuerst als Nutzer zu registrieren, erscheint den Testern aus meiner Sicht zu Recht als lästig. Der Umweg einer Registrierung verhindert eine unkomplizierte Buchung, was in der Folge zum Abbruch einiger Buchungsprozesse führen dürfte. Technische Fehler wie das Nichtankommen einer angekündigten Bestätigungsmail sind in Zeiten sich verlagernder Buchungsprozesse auf digitale Ebene nicht auszuschließen, aber unverzüglich zu korrigieren und abzustellen. Im vorliegenden Fall finde ich die Kommunikation grundsätzlich gelungen, wenn auch (noch) mit kleineren technischen Mängeln behaftet.
Zimmer
Das Interior Design erscheint durchdacht und zeitgemäß, gleiches gilt für das Möblierungskonzept. Ein Hotel sollte jede Gelegenheit nutzen, um den Gästen eine spektakuläre Aussicht zu bieten. Dieses wurde mit der Platzierung des wichtigsten Möbelstücks, des Gästebetts vis-à-vis zum Fenster beziehungsweise mit direktem Blick auf den Rhein erreicht. Alles in allem erscheint das Konzept im Ergebnis gelungen. Auch wenn das Zimmer an mancher Stelle ein wenig beengt erscheint, verbleibt ein insgesamt überzeugender Eindruck. Bei vielen Hotels kommt häufig die Planung der einzelnen Umsatzträger zu kurz und wird durch Copy-and-Paste von teilweise tradierten Layouts ersetzt.
Front Office
Der Aufenthalt in einem Luxushotel sollte von dem Gefühl „man kümmert sich“ getragen sein. Die Erfahrung der Tester an der Rezeption erscheint ein wenig wie beim Amt. Für Hausgäste sollte immer ein Platz im Restaurant verfügbar sein. Das erste Seating könnte man zudem auch ab 18 Uhr vornehmen. Laute Kinder sind für manche Gäste etwas Schönes, für andere das genaue Gegenteil. Aus diesem Grund spezialisieren sich viele Hotels entweder auf Familien oder auf „Adults only“. Hotels, die beide Zielgruppen ansprechen, sollten die divergierenden Bedürfnisse beider Zielgruppen hinreichend sicherstellen können. Dies umso mehr, da auf der Website ein „Rückzugsort für Ruhesuchende“ versprochen wird.
Frühstück
Das Frühstück ist einer der nachhaltigsten Eindrücke, den ein Gast vom Hotel erhält. Je nachdem, ob es überzeugt oder nicht, können Kritikpunkte des Aufenthalts aufgebessert oder noch verstärkt werden. Gerade als erste Mahlzeit des Tages ist es umso wichtiger, eine breite Auswahl, erstklassige Qualität und ein angenehmes Ambiente zu bieten. Gerade als Hotel, das sich der Erholung verschrieben hat, ist Entschleunigung auch beim Frühstück wichtig. Grundsätzlich macht das Haus auch hier einen sehr guten Eindruck, auch was den persönlichen Service am Tisch angeht. Allerdings wäre es wünschenswert, dass das Buffet zu jeder Zeit vollständig und erst nach den Öffnungszeiten abgebaut wird. Dabei kann man Gästen auch eine kleine Karenzzeit geben und nicht wie auf dem Amt um Punkt elf den Feierabend einläuten. Man ist ja Gastgeber.
Restaurant
Nicht zuletzt durch Corona hat sich auch das F&B zusehends professionalisiert. Nach amerikanischem Vorbild einer aktiven Auslastungsoptimierung der Sitzplätze helfen feste Seating-Zeiten, den Stuhlwechsel und damit die Produktivität im F&B zu erhöhen. Darum sind die Zeiten aus betriebswirtschaftlicher Sicht begrüßenswert und ein Indiz für professionelle Betriebsführung. Das trotz Normalbetrieb bereits überforderte Servicepersonal im Restaurant beziehungsweise ein nicht durchgehend hohes Service-Niveau werden dem Anspruch des Hauses beziehungsweise dem Preisniveau nicht gerecht. Sofern die angenehmen Erfahrungen, wie in der Bar, überwiegen, können kurzzeitige Überforderungen als unglückliche Momentaufnahmen vom Gast verziehen werden.
Weitere Guest Journey
Der Club als Tool zur Kundenbindung und der daran gekoppelte Zugang zu Vorteilen ist kein Novum, aber pfiffig. Ebenso die Teilnahme an einem Gewinnspiel bei Abgabe einer Google-Bewertung. Mittels der Membership lassen sich zudem viele wichtige Informationen zu den Vorlieben der Gäste als auch über deren Feedback in Erfahrung bringen, was dem Betrieb helfen kann, sich stetig zu verbessern.
Tophotel-Hoteltest: Gesamteindruck
Dem beschriebenen Gesamteindruck der Tester lässt sich aus meiner Sicht nichts hinzufügen. Das Haus erscheint gut geplant und durchdacht mit viel Liebe zum Detail. Das Herzstück eines Hotels dieser Kategorie sind seine Mitarbeitenden und deren hohes Service-Niveau, das jeden Tag aufs Neue geliefert werden will. Gerade angesichts der allseits bekannten Personalsituation keine leichte Aufgabe. Auch sei bemerkt, dass das Haus noch relativ neu und durch die Auswirkungen der Pandemie erst seit wenigen Monaten ein Normalbetrieb möglich ist. Es ist anzunehmen, dass das Team im Laufe der Zeit noch zusammenwachsen und auf diese Weise zum Beispiel auch Lösungen für den Wellnessbereich finden wird, damit Ruhesuchende und Familien gleichermaßen zufrieden sein können.
Was ist der Tophotel-Hoteltest
Konstruktiv Potenziale heben – das ist das Motto des Tophotel-Hoteltests, der aus zwei Elementen besteht: Im ersten besucht die Redaktion anonym das ausgewählte Haus und testet es nach klar definierten Kriterien. Anschließend ordnet ein erfahrener Consultant, der sowohl Hotelier als auch Berater sein muss, die Ergebnisse ein und reflektiert konstruktiv, wie sich ein noch besseres Ergebnis erzielen ließe.
In der aktuellen Ausgabe hat dies Tina Froböse übernommen. Die Geschäftsführerin der Select Hotel Consulting GmbH, Düsseldorf, stammt aus einer Hotelierfamilie und verfügt über große Expertise in der internationalen Spitzenhotellerie, Hotelprojektfinanzierung und Revitalisierung. Zu ihren beruflichen Stationen zählen unter anderem BBG-Consulting, The Savoy London, die WestLB AG New York und Tui Hotels & Resorts. Im Rahmen des Arbeitskreises Hotelimmobilien leitet Tina Froböse die Arbeitsgruppe Revitalisierung. Sie ist außerdem Gast-Dozentin an der IST-Hochschule für Management Düsseldorf.