Umbau Scandi-Style in Sindelfingen

Hotel_Erikson_Restaurant_Umbau
Grünes Upgrade: Natur und Wald waren Inspiration bei der Gestaltung des Restaurants Wolfgangs. © Marcus Wend

Der Umbau des Restaurants und Tagungsbereichs im Hotel Erikson lief dank optimaler Verzahnung aller Gewerke wie am Schnürchen – und das bei einer „sportlichen“ Bauzeit von gerade mal fünf Wochen.

Seit 30 Jahren ist das Erikson in Sindelfingen bei Stuttgart ein familiengeführtes Hotel mit 93 Zimmern, sechs Tagungsräumen und Restaurant. Während der Hotelbetrieb primär Geschäftsreisende beherbergt, ist das Kramers Stüble, ein kleines uriges, holzvertäfeltes Restaurant, vor allem bei den Einheimischen beliebt. Doch mit gerade einmal zehn Tischen sorgte das immer wieder zur Frustration bei der Tischreservierung. Keiner wollte in das größere Frühstücksrestaurant nebenan ausweichen, das mit seinen Terrakotta-Wänden, dem Bordürenteppich und den rustikalen Möbeln wenig einladend wirkte. „Das lag uns irgendwann so quer, dass wir vor zwei Jahren mit meinem Vater beschlossen, das Restaurant zu renovieren“, erzählt Peter Kramer.

Architekten als ideale Begleiter

Der Zeitpunkt war gut: Gerade war ein alter Kredit abbezahlt. Und so konnte der Hotelier, der das Haus zusammen mit seiner Frau Sabine führt, neue Pläne für das 175 Quadratmeter große Restaurant schmieden.

Da die Kramers ihre Zimmer bereits seit vielen Jahren erfolgreich mit Fritz Schlecht SHL aus Altensteig renovieren, war klar, dass auch dieses Projekt mit dem Hoteleinrichter aus dem Schwarzwald realisiert werden sollte. Als Bauzeit wurde der Sommermonat August 2023 gewählt, da in diesem Zeitraum Restaurant und Stüble wie jedes Jahr geschlossen wurden. „Uns war klar, dass wir diesen Umbau nicht ohne Architekten stemmen können. Es mussten Lüftungen verlegt, die Einrichtung komplett bemustert und sämtliche Prozesse auf die fünf Sommerferien-Wochen zugeschnitten werden“, sagt Sabine Kramer. „Das hätten wir uns allein nie zugetraut.“

Von Fritz Schlecht kam die Empfehlung zu Buerohauser, einem Architekturbüro, das seinen Standort wie SHL ebenfalls in Altensteig hat. Seit rund 40 Jahren gestaltet das Büro vorrangig öffentliche Gebäude, Fachkliniken und Wohnungsbauten. Im Interior-Bereich liegt der Fokus auf Hospitality und Arbeitswelten. Schon beim ersten Treffen mit Geschäftsführerin Gabriela Hauser und Projektleiterin Natalie Ziesemer stimmte die Chemie. Es wurden Fotos gemacht, gemeinsame Vorstellungen abgeklopft und in einem gemeinsamen Workshop festlegt, wie das Design später aussehen soll. „Das hat von Anfang an gut gepasst“, berichtet Ziesemer. „Je offener die Bauherren sind, umso mehr Material haben wir, mit dem wir arbeiten können.“ Die Hoteliers hatten klare Vorstellungen: „Wir wollten, dass das Baumaterial Holz wie im Stüble auch im Hauptrestaurant eine Rolle spielt. Es sollte modern werden und das Thema Natur/Wald aufgreifen, da unsere Familie Fleisch aus eigener Jagd produziert.“

  • Bild 1 von 4
    Restaurant im Hotel Erikson
    © Marcus Wend
    Modern: Das neue Restaurant Wolfgangs wirkt mit seinem skandinavischen Look hell und freundlich.
  • Bild 2 von 4
    Hotel Erikson Moodboard
    © Marcus Wend
    Moodbord: Sanfte Grüntöne, viel Holz und Naturstein geben beim Design den Ton an.
  • Bild 3 von 4
    Bar im Hotel Erikson
    © Marcus Wend
    Nachhaltig: Die Bar im Konferenzbereich wurde upgecycelt. Blickfang sind die geschwungenen Lampen von Zaho.
  • Bild 4 von 4
    Konferenzraum im Hotel Erikson
    © Marcus Wend
    Lichtdurchflutet: Die Arbeitsatmosphäre im neuen Tagungsbereich.

Zudem sollte das neue Restaurant mit Nischen zoniert werden, deutlich mehr Stauraum bieten und neben Stühlen auch gemütliche Bänke für die Gäste parat halten. Zusätzlich sollte der 200 Quadratmeter große Tagungsbereich im ersten Stock ein Make-over erhalten. Lediglich das Stüble sollte auf Wunsch der Gäste genauso bleiben, wie es ist. „Die Bauaufgabe an sich war nicht ungewöhnlich, aber auch nicht so einfach“, so Ziesemer. „Die Herausforderung war, den riesigen Raum so zu unterteilen, dass er nicht auseinanderfällt und gleichzeitig die Laufwege des Personals nicht beeinträchtigt werden.“

Die Lösung war, die drei massiven Stützen mit Rundbögen zu verkleiden, die nun den Raum strukturieren und optisch Tiefe erzeugen. Sie wirken wie ein Passepartout für die floralen Wandmotive, Nischen und Holzelemente, die das Thema Wald zeitgemäß interpretieren. Drei Farbwelten standen bei der Planungsphase zur Auswahl: Pink/Blau, Beige und eben Grün, das letztlich alle Beteiligten überzeugte. „Zunächst hatte ich etwas Bedenken, dass es insgesamt zu grün wird. Aber dank der vielen Holzdetails wird der markante Farbton wieder etwas abgeschwächt“, findet Sabine Kramer, die sich von Beginn an eine florale Tapete für ihr Restaurant wünschte. Fündig wurde Natalie Ziesemer beim Anbieter Rebel Walls. Die Tapete im dezenten Urban-Jungle-Look harmoniert gekonnt mit den grün gestrichenen Wänden.

Viel Stauraum und edle Lampen

Der Teppichboden war in den ersten Renderings noch grün, wurde aber bald gegen hellgraue Teppichfliesen von Object Carpet getauscht. Schon im alten Restaurant hatten die Kramers aus akustischen Gründen einen (Spann-Teppichboden. Diesmal entschieden sie sich für Teppichfliesen, die den entscheidenden Vorteil haben, bei hartnäckigen Flecken einfach ausgetauscht werden zu können.

Die neuen Einbaumöbel aus Eichenfurnier, die alle Fritz Schlecht auf Maß angefertigt hat, bieten viel Stauraum. Sitzbänke und halbtransparente Lamellen erzeugen separate Bereiche im Raum, die dennoch Durchblick ermöglichen. Serviceschränke und Arbeitsinseln sind hinter den Lamellen verborgen oder als zentrales Möbel in den Gastraum integriert. Die Einbauten im Buffet-Bereich bestehen aus High Pressure Laminat (HPL), die farblich abgepasste Arbeitsplatte ist ein robuster Mineralstein aus Italien.

Obwohl Urlaubszeit war, lief auf der Baustelle alles strukturiert und nach Plan. Für Boden, Wand und Decke war die Böblinger Firma Heinrich Schmid verantwortlich. Kramer: „Es war schön zu sehen, wie motiviert die Firmen zusammengearbeitet haben. Es waren immer Ansprechpartner vor Ort, das hat uns ein sicheres Gefühl gegeben.“ Einzig bei den Leuchten kam das Buerohauser-Team ins Schwitzen: „Es gab einen Deckenvorsprung, der erst zum Vorschein kam, als die Trockenbauer da waren“, erzählt Natalie Ziesemer. „Das war ein Schreckmoment! Wir mussten also nochmal andere Lampen bestellen.“ Ein gutes Beispiel für Überraschungen beim Bauen im Bestand.

Das Thema Wald setzt sich auch im Seminarbereich im ersten Stock fort – allerdings auf grafische Art. Hier wählten die Bauherren eine Designtapete mit stilisierten schwarzen Bäumen auf hellgrauem Hintergrund. Um im Budget zu bleiben, wurden vorhandene Möbelelemente umlackiert und somit nachhaltig weitergenutzt. Die einstige Bar im Tagungsraum wurde ebenfalls aufgehübscht und die alte Arbeitsplatte aus rosa Granit aufbereitet. Darüber hängt eine extravagante Leuchtröhrenkonstruktion, die Natalie Ziesemer beim polnischen Lampenspezialisten Zaho ausfindig machte. Gegenüber des Bartresens befindet sich ein modernes Wandbuffet aus anthrazitfarbenem Holz, das ebenfalls viel Stauraum bietet. Da das Hotel vorrangig von Geschäftsreisenden genutzt wird, die früh das Haus verlassen, gab es während der Bauarbeiten keinerlei Beschwerden. Um Stammgäste am Geschehen teilhaben zu lassen, organisierten die Kramers regelmäßig gemeinsame Feierabendbierchen auf der Baustelle.

Steckbrief

  • Bauaufgabe: Umbau/Sanierung von Restaurant und Seminarbereich
  • Fläche: Frühstücksraum 175 m²
  • Fertigstellung: August 2023
  • Bauzeit: 5 Wochen
  • Bauherr: Sabine und Peter Kramer
  • Innenarchitektur: Buerohauser, Projektleitung: Natalie Ziesemer
  • Innenausbau: Fritz Schlecht I SHL Objekteinrichtungen
  • Wand/Boden/Decke: Heinrich Schmid
  • Hersteller: Ton (Stühle), Brunner (Möbel), Object Carpet und Interface (Teppich), Rebel Walls (Tapeten), Vescom (Raffrollos), Wever & Ducré und Zaho (Leuchten)
  • Fotografie: Marcus Wend

Neue Pläne für die Lobby

Als Budget hatten sich die Bauherren ein Limit von 500.000 Euro gesetzt – und mit 486.000 Euro sogar unterschritten. Die edlen Restaurantstühle von Ton findet der Bauherr nach wie vor wunderschön, aber er leidet jedes Mal, wenn sie im Tagesgeschäft in Mitleidenschaft gezogen werden. „Da blutet mir das Herz“, gesteht der Hotelier. „Wenn du in deinen eigenen Betrieb investierst, ist es so, als wenn du dir selbst etwas Schönes kaufst – und möchtest, dass es lange hält.“

Um den harten Cut von der Lobby ins Restaurant abzuschwächen, liegen die Pläne für die neue Lobby – ebenfalls von Buerohauser – bereits in der Schublade. Dieses Projekt muss allerdings noch ein wenig warten. „Meine Familie war immer sehr solide unterwegs. Das Hotel ist unsere Existenz, die wir gut und modern halten müssen.“ Jedes Jahr investieren die Kramers bis zu 130.000 Euro in die Renovierung der Zimmer – aus eigener Tasche. Die 500.000 Euro für das Restaurant mussten allerdings über die Bank laufen – eine Investition, die „man nicht mal so eben“ stemmt.

Dass sich diese aber gelohnt hat, zeigt sich nicht nur am positiven Feedback der Gäste, die so ein Design eher in einer Metropole wie Kopenhagen vermutet hätten, sondern auch an der gestiegenen Nachfrage im Mice-Bereich. Traurig ist, dass Senior Wolfgang Kramer die Fertigstellung des Restaurants nicht mehr miterleben konnte. Um sein Lebenswerk zu würdigen und in Erinnerung bei den Sindelfingern zu bleiben, tauften Sabine und Peter Kramer das Restaurant in „Wolfgangs“.