In dem Hotel wird seit zehn Jahren an- und umgebaut. Mit der jüngsten Etappe ist das Ziel erreicht, starkes Design und hochwertige Materialien in jeden Winkel von Stammhaus und Neubau zu bringen.
Der Neubau, der über eine gläserne Passage mit dem Stammhaus verbunden und vor gut zehn Jahren entstanden ist, war rückblickend ein absoluter Gamechanger. „Seitdem betreiben wir keine Werbung mehr. Mundpropaganda und Instagram-Posts der Gäste sorgen für eine ganzjährig hohe Auslastung“, freut sich Olaf Baumeister, Eigentümer und Gastgeber des Hotels Seegarten, der den Modernisierungskurs seitdem konsequent fortgesetzt hat.
In den 1950er-Jahren hatten die Großmutter und der Vater von Olaf Baumeister ein Garten-Café in ihrem Bauernhaus eröffnet. Später kamen ein Restaurant, erste Zimmer und ein Tagungsraum hinzu – die klassische Wachstumsgeschichte vieler Hotels. Olaf Baumeister, der zunächst eine Ausbildung zum Koch im Zweisterne-Restaurant „Residence“ in Essen-Kettwig absolvierte, übernahm den Betrieb Ende der 1990er-Jahre, bei einem Stand von 35 Zimmern. Der Fernsehkoch der WDR-Serie „Südwestfalen-Lecker“ rückte zunächst die Gastronomie noch stärker in den Fokus. So gibt es heute die Inhouse-Restaurants „Seegärtnerei“ und „Seegarten“, die Strandbar und das Bistro „El Diablo“. Zum Hauptumsatzbringer avancierte das europaweit angebotene Catering, unter anderem auf Messeständen von Firmen aus der Region, mit Küchenteams und mobilen Küchen vor Ort.
„Der Umfang, in dem wir das Catering betrieben haben, war aber nicht dauerhaft haltbar. Der Stress war enorm. Und außerdem bin ich gern hier im Hotel“, erläutert der agile Unternehmer, der daraufhin das Geschäftsmodell erneut anpasste. Er reduzierte das Catering-Segment auf maximal eine Veranstaltung am Tag beziehungsweise drei Events in der Woche und stärkte stattdessen das Hotelbusiness.
So kam es im Jahr 2014 zum Neubau – Lofthaus genannt – mit 21 weiteren Zimmern und einem „Sky Spa“. Das wohl markanteste Element: Der aus der obersten Etage auskragende Infinitypool mit verglastem Abschluss, sodass man Wasser und Schwimmer aus der Ferne sehen kann. Ein Erlebnis von innen wie außen. „Der Pool macht jetzt für uns die Werbung“, so Baumeister. Im Vorfeld des Lofthaus-Baus beschäftigte sich der Hotelier erstmals intensiv mit dem Thema Interior Design und entdeckte eine neue Leidenschaft: „Ähnlich wie beim Essen geht es beim Interior um Gefühl, und darum, den Gästen eine schöne Zeit zu bereiten.“
Ein Punkt, der ihn seitdem unablässig umtreibt. Bei einem seiner Kochkurse lernte Olaf Baumeister den Designer Werner Aisslinger kennen, Geschäftsführer des Studios Aisslinger. „Ich war schon länger Fan des innovativen, vorausschauenden Designs“, so der Hotelier. Eines Designs, das „nicht mehr den homogenen ‚Total Look‘ anstrebt“, wie es auf der Website heißt, sondern „mit einer Collage der Dinge“ überraschen möchte. Aisslinger und Baumeister verabredeten eine Zusammenarbeit, die während der Lockdowns Fahrt aufnahm. Die dritte Etage des Neubaus wurde ausgebaut, sowie der Spa-Bereich erweitert und zusätzliche Zimmer gebaut. Der Altbau wurde peu à peu kernsaniert, „darunter die ehemalige Familienwohnung mit meinem früheren Kinderzimmer“, sagt Baumeister. Zuletzt entstanden moderne und räumlich flexible Seminarräume. „Es war immer mein Traum, alles schön zu haben: jedes Zimmer, jeden Winkel. Das ist nun geschafft“. Zugegeben ein Kraftakt, denn in Teilen des Altbaus musste intensiv mit Statikern und Brandschutzexperten kooperiert werden.
Fokus auf lokale Lieferanten
Wie bei den Lebensmitteln, die zu etwa 85 Prozent aus der Region kommen, ist es dem Hotelier auch bei der Einrichtung wichtig, mit heimischen Firmen zusammenzuarbeiten. Dabei folgt er nicht einem bestimmten Trend, sondern der Familientradition und eigener Heimatverbundenheit. So sorgt beispielsweise ökologischer Lehmputz aus Sauerländer Erde durchweg für ein gesundes Raumklima und lässt – so Baumeister – „die Räume atmen“. Die eingesetzten Farben kommen von Volvox aus Lüdenscheid.
"Ich könnte zu beinahe jedem Einrichtungselement eine kleine Geschichte erzählen."
Olaf Baumeister, Eigentümer Hotel Seegarten
Den Innenausbau übernahm die Schreinerei Fabri aus Grevenstein, die Möbel – teils customized – stammen von den Marken COR und Interlübke aus Rheda-Wiedenbrück. Wobei im Altbau – Stichwort Collage der Dinge – die Kombination mit Bestandsmobiliar den besonderen Reiz ausmacht. Der frühere Frühstücksraum heißt jetzt Wohnzimmer, kann tagsüber von den Gästen genutzt, mit seinem langen Tisch aber auch zum Private Dining gebucht werden. Hier fügt sich der alte Schrank der Großmutter hervorragend ein, während im Entree Perserteppiche mit Geschichte neue Geltung erlangen. Im Sitzbereich der Lobby kommen Plattenspieler und die Plattensammlung von Olaf Baumeister zu neuen Ehren.
Kontrastreich dazu das Lofthaus, wo in Wellnessbereich und Fluren teils die Technik mit industriellem Touch unter der Decke sichtbar ist und im Treppenhaus der „nackte“ Bauputz belassen wurde. Doch auch das Wohlfühlambiente kommt nicht zu kurz, das belegen im Ruheraum nicht nur kuschelige Sitzmöbel, sondern auch mit Rattan bespannte Raumtrenner, die von der Decke hängen, aber ebenso hochgefahren werden können. So lässt sich flexibel ein Event-Space schaffen.
Zwei Materialien dienen in den neuen Zimmern als Gestaltungsbasis: Holz und Terrazzo. Sie lehnen sich an den See mit seinem Kies sowie den umgebenden Wald an. Ein lokaler Hersteller hat dafür Steine aus einem nahe gelegenen Steinbruch zu Terrazzo verarbeitet, der für Teile der Wände im Bad, den Boden, die Wannenumrandung und den Waschtisch zum Einsatz kam. Weiterer Hingucker: Statt herkömmlicher Handtuchstangen ist eine kleine Swimmingpool-Leiter an der Badewanne der Lofts angebracht. Die auffälligen schwarz-matten Armaturen fertigte das Iserlohner Unternehmen Dornbracht. Die bodentiefe Walk-in-Dusche ist halbrund gestaltet, die designstarken Duschrinnen und Ablaufsysteme steuerte Dallmer aus Neheim bei. Das offene Spa-Bad geht fließend, lediglich durch eine niedrige Wand und neigbare Holzlamellen getrennt, in den Schlafbereich und die Wohnflächen über.
Steckbrief
- Name: Hotel Seegarten
- Bauherr und Eigentümer: Olaf Baumeister
- Design: Studio Aisslinger (jüngste Projekte)
- Investition: keine Angaben
- Zimmer: 59
- Zimmergrößen: 12 bis 52 qm (7 Kategorien von Einzelzimmer bis Loft)
- Zimmerpreise: Einzelzimmer ab 120 Euro, Loft mit Balkon ab 360 Euro, inklusive Frühstück und Parkplatz
- Mitarbeitende: 70, inklusive Azubis und Aushilfen
Dekoration, die sich ernten lässt
Für eine trotz aller Klarheit und Großzügigkeit in der Gestaltung behagliche Atmosphäre sorgen haptische Elemente wie Vorhänge – Olaf Baumeister schwärmt von den automatisch bedienbaren Vorhangschienen der Firma Büsche –, Teppiche und Pflanzen. Jedes der neuen Zimmer verfügt über ein Pflanzregal mit frischer Minze und das passende Equipment für die eigene Teeaufbereitung.
Apropos Kräuter: Ein Highlight ist auch der Hochbeetgarten auf der rückwärtigen Altbauterrasse, eine Aufenthaltsfläche, die exklusiv den Mitarbeitenden zur Verfügung steht. Sie können in der Hängematte entspannen, sich austauschen oder je nach Jobprofil auch arbeiten. „Das wird sehr gut angenommen. Ich habe ein tolles Team und glücklicherweise keine Probleme, Mitarbeiter zu finden“, zeigt sich der Familienunternehmer, der zudem von Ehefrau, Mutter und Schwester unterstützt wird, zufrieden.
Auf einer Ebene mit der Küche können in dem Hochbeetgarten Kräuter, Blüten und je nach Jahreszeit Tomaten geerntet werden. Auch ein Fünftel des Honigbedarfs wird hier gedeckt. Das Restaurant Seegarten wiederum erhielt mit einem Hydroponikregal (Vertical Farming) modernen Charakter, in dem unter anderem Kapuzinerkresse, Borretsch oder Tagetes wachsen. Im spannenden Kontrast dazu stehen die alten Holzvertäfelungen, die recycelten Stühle und die neu geflieste Theke. Das Sauerland ist Lichtregion. Kein Wunder also, dass auch die Lichttechnik sowie beinahe ausnahmslos alle Leuchten von heimischen Unternehmen stammen – von Trilux, Brumberg-Leuchten, Sorpetaler Leuchten, Schmidt-Leuchten und Fischer Leuchten.
Schon länger verbaut ist die Verbundkälteanlage von L&R Kältetechnik. „Die Anlage erzeugt die notwendige Kälte für unsere Kühlhäuser und Theken. Mit der entstehenden Abwärme heizen wir. Dank Kombination mit unserem Blockheizkraftwerk, das auch Strom erzeugt, fallen unsere Energiekosten in Höhe von 3,8 Prozent vom Umsatz erfreulich gering aus“, so Baumeister. Der Hotelier hat sein Ziel, alles schön zu haben, zwar erreicht, aber längst wieder neue Vorhaben: Für eine Dachterrasse samt Fitnessstudio-Kubus auf dem Lofthaus-Dach gibt es bereits ausgearbeitete Pläne, und auch über die Solar-Gründach-Bebauung des Parkplatzes denkt der Hausherr nach.
„Showroom“ für regionale Partner
Auch auf die Gästestruktur haben sich die bisherigen Maßnahmen ausgewirkt: „Unsere Gäste sind merklich jünger geworden. Es sind auch viele Architekturliebhaber darunter“, sagt Olaf Baumeister. Laut Homepage besuchen das Hotel Seegarten „Genusssüchtige“ und „Geschäftstüchtige“. Zu den Businesskunden gehören nicht zuletzt einige der regionalen Einrichterfirmen. Sie lassen ihre Gäste dort übernachten, wo ihre Produkte verbaut sind und en passant kennengelernt werden können. Auch Tagungen halten sie hier ab – eine Win-win-Situation. Ein klassisches Revenue Management gibt es übrigens nicht, die saisonalen Preisschwankungen fallen bewusst gering aus. Denn: „Das ist für die Gäste durchschaubarer und fairer.“