Auflagen Bestandsschutz: Welche Fallstricke Hoteliers beim Umbau beachten sollten

Baustelle in einem Gebäude, das saniert wird
Vorsicht: Werden alte Häuser umgebaut, sollten Bauherren die Genehmigungsgrundlage gründlich prüfen, bevor sie sich auf den Bestandsschutz berufen. © AA+W - stock.adobe.com

Können sich Bauherren bei der Sanierung älterer Gebäude auf den Bestandsschutz berufen, wenn es um die Nichterfüllung aktueller Vorschriften geht? Die Antwort ist komplex.

Bei der Sanierung von Hotelgebäuden, die bereits mehrere Jahrzehnte alt sind, wird häufig auf den genehmigten Bestand verwiesen. Weil das Gebäude schon 30 oder 40 Jahre besteht und bei keiner Abnahme oder Brandschau etwas am bautechnischen Zustand bemängelt wurde, wird von den Verantwortlichen gern davon ausgegangen, dass dieser Zustand zumindest früher einmal vorschriftsgemäß war. Diese Annahme kann jedoch falsch sein.

Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik: In einem Hotel (Anm. d. Red.: Name den Autoren bekannt) wurde ein fehlender Fluchtweg bemängelt, der gemäß einer Baugenehmigung von 1971 vorgeschrieben war, aber nie umgesetzt wurde. Trotz mehrerer Gebrauchsabnahmen und Brandschauen in der Zwischenzeit war dieser Mangel nie beanstandet worden. Der heutige Eigentümer besaß die alten Genehmigungsunterlagen nicht und kannte die damalige Auflage daher nicht. So kam diese Auflage völlig überraschend für ihn, obwohl sie brandschutztechnisch gut begründet und völlig angemessen war.

Ein anderes prominentes Beispiel: Kürzlich berichtete das „Hamburger Abendblatt“, dass die Rooftop-Terrasse des Hotels The George behördlich geschlossen wurde. Mehr als elf Jahre lang wurde sie genutzt, aber eine Genehmigung hatte es dafür nie gegeben. Rettungswege und Schallschutz werden nun überprüft und ein Bauantrag ist zu stellen. „Hier muss es dann wohl zwischen Betreiber und Entwickler zu einem Missverständnis gekommen sein“, war das Fazit der Hotelleitung. Diese Fälle verdeutlichen, dass der heutige ­Zustand eines in die Jahre gekommenen und vielleicht schon mehrfach umgebauten Hotels nicht unbedingt dem genehmigten Zustand entsprechen muss. Der Bestandsschutz deckt weder alte bauliche Mängel noch nicht umgesetzte Auflagen aus der Vergangenheit ab.

Es ist daher wichtig, die Genehmigungsgrundlage gründlich zu überprüfen, bevor man sich auf den Bestandsschutz beruft. Dies kann eine umfangreiche „detektivische“ Recherche erfordern, da einmal genehmigte Zustände durch spätere Umbauten ganz oder teilweise verändert worden sein können. Im besagten Fall des ersten Hotelbeispiels mussten rund 15 seit 1967 erteilte Baugenehmigungen aufgespürt, eingesehen und bewertet werden, ehe man die Genehmigungssituation dieses Hotels in allen Bereichen erkennen konnte.

Neue Vorschriften und ihre Auswirkungen

Fehler sind in der Vergangenheit häufig dann entstanden, wenn Baumaßnahmen zum Zeitpunkt gerade erlassener neuer Vorschriften oder technischer Bestimmungen geplant und vorgenommen wurden. Die Leitungsanlagenrichtlinien von 2005 benötigten mehrere Jahre, um in der Planungspraxis angekommen zu sein und in der Baupraxis vollständig umgesetzt zu werden. Technische Regel war aber von 2005 an in allen Bundesländern die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie als Stand der Technik – egal, ob das jeweilige Bundesland schon eine Verordnung erlassen hatte oder nicht.

Ähnliche Entwicklungen hatte es bereits 1991 bei der DIN 4102-12 zur brandgeschützten Verkabelung von Sicherheitsanlagen gegeben, oder bei der neuen Treppennorm DIN 18065 von 2020, die erhöhte Anforderungen an Lauf- und Podestbreiten stellt. Bei neuen Baumaßnahmen kann es zu weitgehenden Komplikationen führen, wenn frühere Vorschriften seinerzeit nicht erfüllt wurden.

Wann aber wird die Einhaltung der aktuell gültigen Vorschriften bei einer Sanierungsmaßnahme generell verpflichtend? Schon, wenn es neue Wand- und Bodenbeläge oder eine neue Badausstattung gibt, wenn verschlissene Aggregate der Haustechnik ausgetauscht werden und der Aufzug eine neue Steuerung bekommt? Oder erst, wenn umgebaut und in die Bausubstanz eingegriffen wird?

Empfohlene Herangehensweise

  1. Bestandsaufnahme: Als erster Schritt ist eine umfassende Analyse des bestehenden Brandschutzes, des Genehmigungsstandes und der baulichen Gegebenheiten erforderlich.
  2. Konzeptentwicklung: Konzept erarbeiten, um die Brandschutzmaßnahmen in die bestehende Gebäudestruktur zu integrieren.
  3. Einbindung der Behörden: Transparente Kommunikation mit den Behörden während der Planungs- und Genehmigungsphase.

Eigene Regeln zur Beurteilung

Im § 52 der Landesbauordnung NRW heißt es bei den Grundpflichten: „Bei der … Änderung, Nutzungsänderung und der Beseitigung von Anlagen ist die Bauherrschaft … dafür verantwortlich, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.“ Genehmigungsfrei sind nach § 62 (4) generell alle Instandhaltungsmaßnahmen und darüber hinaus Maßnahmen an in § 62. (1) 11. aufgelisteten einzelnen Bauteilen. In anderen Landesbauordnungen gibt es ähnliche Regelungen. Der Architekt wird nun sorgfältig prüfen müssen, ob die geplanten Maßnahmen überhaupt genehmigungspflichtig und damit aktuelle Vorschriften zu berücksichtigen sind. Wenn dies der Fall ist, muss geprüft werden, ob es dann nur für die zu erneuernden Bereiche oder die ganze Immobilie gilt. Auch dafür haben die Bauordnungen Paragrafen mit eigenen Regeln zur Beurteilung.

Es geht dabei nicht nur um bauliche Maßnahmen wie Umbauten, sondern häufig auch um Nutzungsänderungen. Bei einem großen Hotel in Baden-Württemberg kam heraus, dass die Betreiber irgendwann vor vielen Jahren den Wellnessbereich halbiert und Flächen zu Tagungsräumen umgewidmet hatten. Die Landesbauordnung regelt dafür aber, dass Nutzungsänderungen nur genehmigungsfrei sind, wenn die neue Nutzung keine anderen Anforderungen und/oder neue Auflagen ergeben als die in der alten genehmigten Nutzung. Das ist hier nicht der Fall, und nun ist zu prüfen, welche brandschutztechnischen und sonstigen Auswirkungen die Nutzungsänderung hat.

Eine rote Linie ziehen allerdings alle Landesbauordnungen für den Bestandsschutz: die Sicherheit von Leib und Leben zu schützen. In der Bayerischen Bauordnung heißt es in § 54 (4) zu den Aufgaben der Bauaufsicht: „Bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen können Anforderungen gestellt werden, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist.“ Um Brandschutzdefizite zu identifizieren, ist eine detaillierte Untersuchung des Status quo des Gebäudes notwendig. Dabei können zwei Hauptkategorien unterschieden werden:

  • Nicht umgesetzte Brandschutzanforde­rungen: Diese stammen aus den Vorschriften und Genehmigungsauflagen zum Zeitpunkt der Erstellung des Gebäudes.
  • Veraltete Ausführungen: Diese waren ursprünglich vorschriftsmäßig, erfüllen jedoch mittlerweile nicht mehr die aktuellen Anforderungen. Der Einsatz eines qualifizierten Brandschutzsachverständigen ist in solchen Fällen unerlässlich. Er kann Kompensationsmaßnahmen entwickeln, um die Schutzziele auf alternative Weise zu erreichen, wenn eine vollständige Umsetzung der alten oder neuen Vorschriften nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist. So lassen sich kostspielige Umwege und Fehlplanungen vermeiden.

Dabei ergeben sich folgende Möglichkeiten für sogenannte Kompensationsmaßnahmen:

  • Türaustausch: Wenn alte Türen ersetzt werden müssen, kann der Austausch gegen T30-RS-Türen sinnvoll sein, besonders wenn der Austausch aufgrund von Schallschutz erforderlich ist. Die Preisdifferenz zu einer guten Schallschutztür ist heute nur noch gering.
  • Türdichtungen: Die Ertüchtigung bestehender Türen durch neue Türdichtungen macht es möglich, sie mit wenig Aufwand dicht schließen zu lassen.
  • Neuer Brandabschnitt: Die Ausbildung einer Erweiterung als eigener Brandabschnitt kann helfen, das Schutzziel zu erreichen, auch wenn die zulässige Brandabschnittslänge noch nicht gegeben ist.
  • Parkverbote: Bei einem Hotelumbau in Leipzig wurde in Abstimmung mit der Ver­kehrs­behörde durch ein vergrößertes Parkverbot vor dem Eingang die Anleiterbarkeit für die Feuerwehr an die darüberliegenden Zimmer ermöglicht. Man kann die Behörden durchaus in die Lösungsfindung einbeziehen.
  • Weitere mögliche Maßnahmen sind die Bildung von provisorischen Brandabschnitten während des Umbaus und das Einbauen von Rauchmeldern in nicht geforderten Bereichen.

Damit komplexe Bestandsschutzanwendungen erfolgreich umgesetzt werden können, sollten alle Beteiligten – vom Eigentümer über den Bauherrn bis hin zu Architekten und Fachplanern, dem Denkmalschutz und den Brandschutzexperten – gemeinsam an Lösungen arbeiten. Der Bauherr möchte sein Gebäude legal und budgetorientiert nutzen, während Statiker, Brandschutzexperten und Bauphysiker sicherstellen müssen, dass alle Richtlinien eingehalten werden.

Bei historischen Gebäuden kann es der Denkmalschutz sein, dessen Forderungen der Anwendung anderer Bauvorschriften entgegenstehen. Eine historische Tür kann oft nicht als Fluchttür nach jetzigen Regeln ausgebildet werden, ohne ihren kunsthistorischen Wert zu beeinträchtigen. Energetische Anforderungen an die Gebäudedämmung können bei historischen Fassaden nicht immer umgesetzt wer­den. Den gegensätzlichen Anforderungen soll man aber Genüge tun. Hier müssen zum Beispiel Bau­physiker und Denkmalschützer gemeinsam Lö­sungen erarbeiten, moderiert vom Architekten, der die hotelbetrieblichen Belange einbringen wird.

Fest steht: Es gibt keine Universallösung dafür, Bestandsschutz geltend zu machen. Jede Situation erfordert eine detaillierte Aufbereitung und fachlich fundierte Herangehensweise. Der Schlüssel liegt in der Kooperation aller Beteiligten und der Suche nach pragmatischen, aber auch innovativen Lösungen, um die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen und zugleich die Funktionalität und gegebenenfalls den historischen Wert eines Gebäudes zu erhalten.

Die Autoren

Julia Echtler hat nicht nur Architektur und Städtebau studiert, sie verfügt als gelernte Restaurantfachfrau auch über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Gastronomie- und Hotellerie-Branche. Vor drei Jahren gründete Echtler das Unternehmen ACO Architects mit der Marke „A Creative Office“, das sich auf interdisziplinäres Planen spezialisiert hat. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Genehmigungsplanung. Ihre Kenntnisse im Baurecht und in der Projektentwicklung sind dabei von zentraler Bedeutung.

Manfred Ronstedt ist Architekt und Bauingenieur. Er war als freischaffender Architekt in Hannover tätig, bevor er Geschäftsführer einer Generalunternehmens für Büros, Einkaufszentren und Hotels wurde. Es folgte die Gründung der Planungsfirma PCG, für die er mehr als 250 Hotelprojekte in Mittel- und Osteuropa realisierte. Seit 2013 agiert er mit seinem Unternehmen Ronstedt Hotel Concepts mit den Schwerpunkten Konzeptionsentwicklung und fachübergreifende Planung von Hotels.