Der Romantik-Chef spricht über neue Projekte wie Mystery Guesting und das frisch initiierte Next Generation Board sowie neue Geschäftsmodelle und die Anforderungen an eine Kooperationsmarke.
Tophotel: Herr Edelkamp, Mallorca, Niederlande, Deutschland: Seit Jahresbeginn ist bei Romantik einiges in Bewegung. Allein sechs neue Mitglieder haben Sie kommuniziert. Ernten Sie jetzt die Früchte der Neuaufstellung der Kooperation, oder geht mancher Samen auch nicht auf?
Thomas Edelkamp: Alle Samen sind noch nicht aufgegangen, doch es kommt im Markt an, dass wir uns stets weiterentwickeln und nicht in einem Status verharren. Wir haben sehr viel an der Qualität unserer Dienstleistung gearbeitet und den Fokus neu gesetzt. Dass noch nicht alle Samen aufgehen, hat auch mit der Komplexität der Aufgabe zu tun und damit, dass Marketing und Digitalisierung enorm komplex geworden sind.
Das im Zuge der Dachmarkenstrategie im vergangenen Jahr eingeführte Label Pearls by Romantik umfasst heute elf Häuser, das bereits 2021 lancierte Label Townhouse erst zwei. Geht Ihnen diese Entwicklung schnell genug?
Mir persönlich nicht (lacht). Realistisch betrachtet bewegen wir uns aber im Rahmen der Erwartungen. Schließlich haben wir in die Coronapandemie hinein unsere Markenstruktur verändert und neue Segmente bei Romantik angesiedelt – von Chalet über B&B und Townhouse bis hin zu Pearls, dem Fünfsterne-Label von Romantik. Wir wollen Wachstum und arbeiten hart dafür, doch der Fokus liegt zugleich auf qualitativem Wachstum. Und das ist ein Prozess, der oft nicht so schnell geht, wie ich es gerne hätte.
Als Sie 2015 zu Romantik kamen, hatten Sie da sofort den Wunsch, die Dinge zu verändern?
Der Wunsch nach Veränderung wurde vom Aufsichtsrat selbst geäußert. Der Bereich Digitalisierung war seinerzeit stark vernachlässigt worden. Meine Aufgabe bestand darin, die Strategie nach vorn zu denken und weiterzuentwickeln.
Wie sind Sie diese Herausforderung angegangen, immerhin handelt es sich um eine inzwischen 50 Jahre bestehende Kooperation?
Romantik war und ist ein Qualitätsnetzwerk und wird als solches auch von den Gästen wahrgenommen. Als eine der wenigen Kooperationsmarken sind wir ausschließlich aufs Endkundenmarketing konzentriert. Ende 2017/2018 haben wir begonnen, die Tonalität und Bildwelten der Marke unter dem Claim „explore Romantik“ weiterzuentwickeln. Wir wollten die Individualität der Hotels nutzen und von Klischees wegkommen.
Daher haben wir kommuniziert, was Gäste bei Romantik erleben – mit der Aufforderung, diese Welt einfach zu entdecken. Wir haben unsere Services weiterentwickelt, ebenso wie die Digitalisierung des Unternehmens. Das Ergebnis war eine neue Markenstruktur, um den wertvollen Markennamen auch für jüngere Zielgruppen zugänglich zu machen.
Thomas Edelkamp
Der gelernte Hotelkaufmann Thomas Edelkamp (60) ist seit Januar 2015 Vorstandsvorsitzender der Romantik Hotels & Restaurants AG. Zuvor war er als Vice President Franchise Development und Mitglied der Geschäftsleitung bei Accor Deutschland tätig, wo die Markteinführung und Entwicklung der Marke Ibis Styles zu seinen Aufgaben gehörten.
Edelkamp hat einen Abschluss als Master of Business Administration und gilt als Vertriebs- und Marketingexperte der Hotellerie. Unter anderem positionierte er ab 2001 die Ketten Novotel und Mercure in Deutschland. Als Verkaufsdirektor für Accor baute er zudem den ersten Multimarkenvertrieb in Deutschland auf.
Romantik steht für ein Qualitätsversprechen – an welchen Stellschrauben drehen Sie dafür?
Wir haben das Qualitätsmanagement inzwischen noch stärker auf ein 360-Grad-Modell ausgerichtet. Bei Neuzugängen machen wir Produkt-Audits, bei Onlinebewertungen arbeiten wir beispielsweise mit der Plattform Trustyou zusammen, für die alle Mitglieder eine Volllizenz haben. So sehen wir zeitnah, wie sich Qualitäten entwickeln. Gibt es bei einem Haus einen Negativtrend in den Bewertungen, gehen wir dem mit Produktaudits nach, die wir zudem ab der zweiten Jahreshälfte um ein Mystery Guesting ergänzen wollen.
Das ist ein neues Pilotprojekt, bei dem wir Gäste aus unserem eigenen Kundenpool in die Hotels schicken, um im Anschluss ein Feedback über das Gasterlebnis zu erhalten. Sprich: Wie war die Ansprache, wie das Ambiente, wie haben sich die Gäste gefühlt – das sind Softfaktoren, die ein klassisches Produkt-Audit nicht abbildet, die für uns aber wichtig sind, wenn wir als Qualitätsprodukt verstanden werden wollen.
Das Markenbild als solches hat sich verändert, betrifft das auch die Gästezielgruppen?
Nicht wesentlich. Die Veränderungen der Markenstruktur führen aber zu Unterschieden bei der Bestands- und Neukundenakquise. Bei Neukunden liegt das Durchschnittsalter inzwischen bei Mitte 30 bis 40 statt über 50 oder 60. Diese Zielgruppe verfügt über ein relativ hohes Einkommen und sucht gute Kulinarik, Individualität und Authentizität. Regionalität und Nachhaltigkeit verkörpern einen großen Teil dessen, was diese Generation heute sucht. Bei der Reisemotivation geht es um Kurzurlaub, Kulturreisen, Kulinarik und/oder Wellness.
Zugleich ist es Teil unserer Zukunftsbetrachtung, dass unsere Marke auch tatsächlich von nachfolgenden Generationen genutzt wird. Denn wenn wir über eine Verjüngung der Marke sprechen, hat das auch mit dem Öffnen der Marke zu tun: sprich, die Werte, die Romantik ausmachen, sind nicht nur im klassischen Vollhotel, sondern auch in Beherbergungsformen wie Chalet oder Townhouse erfahrbar.
Im Vorgespräch sagten Sie, dass Sie keine Einbahnstraßen bauen, sondern die Kooperation zukunfts- beziehungsweise überlebensfähig machen wollen. Was verstehen Sie unter Einbahnstraßen?
Mit Einbahnstraßen meine ich, wenn Sie an den Dingen festhalten, ohne sie zu hinterfragen, da sie vermeintlich schon immer funktioniert haben. Beispielsweise haben wir früher 300.000 Hotelführer gedruckt, doch damit können wir heute keinen Blumentopf mehr gewinnen. Keine Einbahnstraßen schaffen heißt nach vorn zu denken und in der Lage zu sein, Dinge weiterzuentwickeln.
"Transparenz ist von unermesslichem Wert in einem Kooperationsmodell, ebenso wie das Wissen um den Gast."
Was ist die größte Herausforderung dabei?
Wir müssen verstehen, wie Kooperation heute funktioniert. Transparenz etwa ist von unermesslichem Wert in einem Kooperationsmodell, ebenso wie das Wissen um den Gast. Das ist der Punkt, an dem wir tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten können. Wir sind in der Lage, die sehr vertraute, individuelle Ansprache, die jeder Gast in den Hotels erfährt, weitergeben und digital nutzen zu können.
Wir sind zum Beispiel dabei, das E-Mail-Marketing immer stärker zu individualisieren statt auf generische Angebote zu setzen. Hier halte ich es zugleich für enorm wichtig, dieses Feld nicht Booking, Expedia und Co. zu überlassen, die aufgrund ihres Geschäftsmodells sehr viel über ihre Gäste wissen. Vielmehr sollten wir unsere Gästeinformationen intelligent nutzen und sie digital auf unseren eigenen Plattformen abbilden, um für unsere Mitglieder Mehrwert zu schaffen.
Was braucht es, damit das gelingt?
Dafür müssen Sie im Hintergrund in Plattformen und Technologie investieren und dafür sorgen, dass das, was gestern noch in den Köpfen war, morgen für alle verfügbar ist. Wenn ich in der Lage bin, etwas auf eine Plattform zu heben, auf der es weiterentwickelt werden kann und Nutzen kreiert, dann wird das nicht zu einer Einbahnstraße, sondern sich immer weiterentwickeln können.
Stichwort nächste Generation. Gerade haben Sie ein „Next Generation Board“ gegründet. Was hat es damit auf sich?
Wenn wir über die Zukunft und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens nachdenken, dann müssen wir auch die, die es betrifft, ansprechen und einbinden – und zwar so, dass sie die Zukunft mitgestalten. Beim Kick-off Ende März in Bad Harzburg waren 15 engagierte Hoteliers im Alter von 25 bis 35 Jahren dabei. Mit ihnen wollen wir Themen wie Nachhaltigkeit, Arbeitgeberattraktivität und Betriebsnachfolge bearbeiten. Wir wollen aber auch, dass sie an der Strategie 2030 mitarbeiten und diese im Wesentlichen mitdenken. Zum Jahreskongress im November in München soll das Board dann bereits seinen ersten Aufschlag haben, damit das Projekt auch verankert wird.
Welche Anforderungen werden heute an eine Kooperationsmarke gestellt?
Andere als noch vor vielen Jahren. Wir müssen heute Berater und Vordenker sein, die Hotels begleiten, um auf einer Vertrauensebene miteinander arbeiten zu können. Wir machen heute Ausschreibungen für PMS-Systeme und geben anschließend unsere Empfehlungen an die Hoteliers weiter. Wir unterstützen beim Revenue Management, bei Social Media oder PR. Die Erweiterung der Services über das Maß hinaus, was wir bereits für die Marke tun, ist ein wichtiger Bestandteil, um in der Zukunft auch über andere Geschäftsmodelle nachzudenken.
Welche sind das?
Momentan bieten wir für die Marke Romantik eine Serviceleistung an, von der wir weitere individuelle Serviceleistungen ableiten, die wir separat in Rechnung stellen, zum Beispiel das Newsletter-Marketing für ein Mitgliedshotel. Unsere Gedanken gehen jedoch dahin, künftig ein dynamischeres Modell zu realisieren, bei dem wir nicht mehr von einer fixen Gebühr sprechen, sondern noch stärker leistungsorientiert arbeiten.
Das Wort Baukasten nehme ich hier bewusst nicht in den Mund – das haben wir für uns geprüft und ad acta gelegt. Wir glauben aber, dass man das Modell der Dynamik weiterentwickeln kann, indem wir beispielsweise mit neuen Services zusätzliche Revenue Streams generieren, die es uns dann erlauben, zusätzliche Ressorts aufzubauen. Schließlich geht es darum, das Erwirtschaftete auch wieder für die Hoteliers zu reinvestieren.
Konkret?
Ein Schritt in Richtung dynamisches Preismodell ist eine Retro-Kommission, die wir Ende 2022 beschlossen haben. Diese Rückerstattung erhält ein Hotel abhängig vom Geschäftsvolumen, das es jährlich über Romantik bewegt. Die Idee ist, dass es sich für die Hotels lohnen soll, mit Romantik zu arbeiten. Denn je mehr sie mit uns zusammenarbeiten, desto besser ihr Aufwands-Ertrags-Verhältnis. Nach den ersten Erfahrungswerten lässt sich dieses Modell noch weiterentwickeln, denn eine starre Gebührenordnung wird künftig nicht mehr attraktiv sein.
Welche weiteren Pläne hegen Sie für 2023, was sieht Ihr Budget an neuen Projekten vor?
In erster Linie geht es darum, die Relevanz von Romantik für jeden Hotelier weiter zu steigern. Es geht um den Markenwert und darum, wieviel davon beim Hotelier ankommt. Wir werden unsere Direktmarketingaktivitäten weiter ausbauen und die Plattform-Services erweitern. Aus den Ergebnissen einer Mitglieder- und Mitarbeiterbefragung entwickeln wir gerade eine Kommunikationskampagne, bei der wir zum ersten Mal Tiktok nutzen werden, um die junge Zielgruppe in ihrer Tonalität zu erreichen. Hinzu kommt ein Unternehmensprojekt zur Nachhaltigkeit bis Jahresende.
Die letzten Jahre haben der Branche enorm zugesetzt – wie blicken Sie in die Zukunft?
Ich denke, dass wir noch zwei weitere schwierige Jahre vor uns haben. 2025 wird sich der Tourismus aber wieder auf einem Niveau von 2019 befinden. Doch bis dahin bleiben viele Unwägbarkeiten, schwere Planbarkeit, Kostendruck und eine schwierige Personalsituation. Für diese Aufgaben werden wir individuelle Lösungen finden müssen. Doch wenn wir die Signale richtig deuten, bleibt langfristig die Sehnsucht nach Reisen bestehen. Wenn ich für Romantik spreche, sprechen wir über Urlaubs- und Freizeitreisen, wir sprechen von Menschen, die ihr privates Geld ausgeben und dafür etwas Besonderes bekommen möchten. Davon wird speziell die Privathotellerie in der Zukunft weiter profitieren.
Romantik Hotels & Restaurants

1972 in Deutschland gegründet, feierte die Kooperation Romantik Hotels & Restaurants im vergangenen Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Sie umfasst derzeit 176 Hotelbetriebe in zehn Ländern sowie 219 Romantik Restaurants. In Deutschland führen 92 Hotels im Vier- bis Fünfsterne-Segment das Label Romantik Hotels & Restaurants. Weitere Standorte befinden sich in der Schweiz, Österreich, Belgien, Italien, den Niederlanden, Portugal, Slowenien, Norwegen und neuerdings Spanien. Außerdem kooperiert Romantik mit Les Collectionneurs aus Frankreich, der Gondwana Collection in Namibia und Secret Retreats.
Unter der Führung von Thomas Edelkamp hat Romantik Ende 2020 eine neue Dachmarkenstruktur erhalten, unter der neue Labels wie RomantikChalets, hochwertige B&Bs, Townhouses sowie Pearls by Romantik angesiedelt werden konnten. Neue Mitglieder 2023 sind das Hotel Parc Broekhuizen (Foto), das Landhotel Principal Son Amoixa, das Waldschlösschen Schleswig, der Meisenheimer Hof, das Weinromantikhotel Richtershof und das Romantik Hotel Der Rebstock Art & Design. Kooperationsmitglied kann werden, wer das vorgegebene Auswahl und Aufnahmeverfahren durchlaufen hat und entsprechende Kriterien erfüllt. Der Jahresmitgliedsbeitrag ist abhängig von der Zimmeranzahl.
Der Kooperationssitz mit 14 Mitarbeitenden befindet sich in Frankfurt. Darüber hinaus arbeitet Romantik mit externen Partnern und Agenturen in Österreich, der Schweiz, Italien, Belgien und Holland zusammen.