Saubere Zimmer, aber kein „sauberer“ Umgang mit dem Team? Wie sich Qualität und faire Arbeitsbedingungen „ins Reine bringen“ und gute Lösungen sowohl für Gäste als auch Mitarbeitende finden lassen.
"Schmutz und Gier – Undercover in der Reinigungsbranche“: So lautete der Titel einer „Team-Wallraff“-Reportage, die im April im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Reporterin Jana hatte bei der Hamburger Reinigungsfirma Astrein Excellent angeheuert und wurde im Jufa Hotel Hamburg Hafencity eingesetzt, einem Viersternehaus. Ihre Entdeckung: Lohnverstöße und Kollektivstrafen. Die vereinbarten 13 Euro Stundenlohn waren offenbar an die Bedingung gekoppelt, dreieinhalb Zimmer pro Stunde zu schaffen. Astrein Exzellent hat diesbezüglich per anwaltlicher Stellungnahme gegenüber dem Sender RTL widersprochen.
Mareike Reis, Gründerin und Geschäftsführerin von „Die Housekeeping Akademie“, verfügt als Frau vom Fach – sie ist staatlich geprüfte Hotelbetriebswirtin und Fachwirtin für Reinigungs- und Hygienemanagement – über viel Einblick in die Branche. Losgelöst vom zitierten Fall sagt die ehemalige Hausdame: „Drei bis vier Zimmer in einer Stunde sind nicht zu bewältigen. Housekeeping ist ein immens unterschätzter Bereich. Das Aufgabenpensum ist vielen Entscheidungsträgern nicht bewusst.“ Betten machen, Bad reinigen, Handtücher austauschen, Amenities nachfüllen, Boden wischen, Minibar bestücken – die Liste, in der die öffentlichen Bereiche noch nicht einmal erwähnt sind, ließe sich länger fortsetzen.
Housekeeping-Teams haben die zentral wichtige Aufgabe, für hygienische Sauberkeit zu sorgen und es den Gästen schön zu machen. Ihre Arbeit ist körperlich schwer und bei hohem Zeitdruck auch psychisch belastend. Der Zeitdruck wiederum hat verschiedene Gründe: Teils basiert er auf Personalknappheit, auf nicht vorhandenen Standards oder auch dem Servicegedanken, Gäste früh einchecken lassen zu wollen. Und nicht zuletzt sollen die Kosten im Griff bleiben. „Obwohl die Reinigungskräfte im Niedriglohnsektor angesiedelt sind, stellt der Bereich Housekeeping in Summe für Hotels einen enormen Kostenfaktor dar“, erläutert Mareike Reis, weshalb er professionell aufgestellt sein müsse, um wirtschaftlich zu sein.
Viele ungelernte und auch fremdsprachige Kräfte
Zu den Herausforderungen kommt hinzu, dass der Bereich Housekeeping von ungelernten Kräften geprägt ist. „Putzen kann jeder“, lautet ein weit verbreiteter Glaubenssatz. Doch Achtung, betont Reis: „Fachlich korrekt reinigen eben nicht – hier kommt es vielfach zu Sachbeschädigungen, etwa wenn das falsche Reinigungsmittel für die falsche Fläche eingesetzt wird. Es sollte nicht unterschätzt werden, wie viel Geld auch das kostet.“ Der Lösungsansatz: Befähigung, Training, optimale Abläufe nach Standards, gute Ausstattung und Wertschätzung.
"Drei bis vier Zimmer in einer Stunde sind nicht zu bewältigen. Das Aufgabenpensum im Housekeeping ist vielen Entscheidungsträgern nicht bewusst."
Mareike Reis, Die Housekeeping Akademie
Mareike Reis beispielsweise offeriert mit ihrer Akademie ein umfassendes Spektrum an Aus- und Weiterbildung sowie Training on the Job, angefangen beim Lehrgang „Fachbildung zum Housekeeping-Manager“ bis hin zum Seminar „Fit für deine Rolle als Führungskraft“. Denn: „Gute Führung bildet immer die Basis. Prozesse zu optimieren funktioniert außerdem nur, wenn es im Team stimmt, daher bieten wir auch Team-Building und Mentoring an.“ Stark nachgefragt: die Express-Schulung für ungelernte Reinigungskräfte, die innerhalb von drei Tagen in den Betrieben vor Ort realisiert wird. „Man kann in kurzer Zeit sehr viel erreichen“, macht die Expertin aufmerksam. Viele der ungelernten Kräfte sind fremdsprachig. Die Housekeeping Akademie arbeitet daher mit Visualisierungen und Translating-Apps. „Eine wohlwollende Haltung funktioniert außerdem in jeder Sprache.“
Wichtig sind Training, gute Ausstattung und Wertschätzung
Parallel dazu gebe es einige Hebel beziehungsweise Beratungsmodule wie „Abteilungsaufbau und Prozessoptimierung“ oder „Entwicklung und Implementierung von Reinigungs- und Hygienekonzepten“, um effizienter zu werden, die Belastung und damit Krankenstand und Fluktuation zu senken: Laufwege lassen sich verbessern, mit professionellen Techniken falsche Bewegungen vermeiden und die Arbeit mit dem richtigen Zubehör leichter und ergonomischer gestalten. „Das Equipment in vielen Hotels ist altertümlich“, bemerkt Reis und empfiehlt den Verantwortlichen, sich zu informieren, „was für ein Schlaraffenland an Möglichkeiten es da draußen gibt“ – von großflächigeren Pads über staubbindendes Wischen, chemiefreien Mikrotrockendampf bis hin zu kabellosen Rucksackstaubsaugern. „Wichtig ist, die Mitarbeitenden auch bei derartigen Umstellungsprozessen zu begleiten.“
Und wie steht es um die Frage eigenes oder externes Personal? „Auf externe Dienstleister greifen oft preissensible Hotels zurück oder solche, die sich an Standorten befinden, an denen es schwer ist, ausreichend Mitarbeiter zu gewinnen“, weiß Reis. Sie hält es für wichtig, zu prüfen, ob die Dienstleister „die gleichen Werte teilen und wirkliche Partnerfirmen sind“. Die externen Teammitglieder sollten zudem ebenso wertschätzend behandelt werden wie die eigenen. Reis favorisiert hybride Teams aus eigenen Mitarbeitenden und Externen, die insbesondere in Hochphasen die notwendige Flexibilität gewährleisten.
Ein Nachhaltigkeits- und Effizienzansatz lautet überdies, die Zimmer länger verweilender Gäste mit deren Einverständnis nicht mehr jeden Tag zu reinigen. Darlene Schwabroch, zuständig für die Weiterentwicklung des nachhaltigen Bewusstseins und Assistentin der Geschäftsleitung im Hotel Schwarzwald Panorama in Bad Herrenalb, löste dazu kürzlich mit dem Linkedin-Post „Verzicht auf Zimmerreinigung: Let’s talk!“ eine rege Diskussion aus, an der sich Mareike Reis ebenfalls beteiligte. Das Resümee lässt sich mit „Ja, aber“ zusammenfassen. Der Reinigungsabstand dürfe nicht zu groß ausfallen, um den Werterhalt der Einrichtung auf Dauer sicherzustellen. Einen täglichen Check halten viele ebenfalls für wichtig.