Reservierungssysteme haben in der Pandemie einen Schub bekommen. Sie entlasten Teams, helfen den Überblick zu behalten und Hygienevorschriften einzuhalten. Doch sie können noch viel mehr. Ein Überblick, was geht und worauf es ankommt.
Corona hat zu einer zunehmenden Digitalisierung der Gastro-Branche geführt. „Digitale Präsenz, sprich im Internet gefunden zu werden, im besten Fall auch schon mit Reservierungs- oder Bestellfunktion, ist mittlerweile Pflicht“, führt Volker Glaeser, CEO Hospitality Digital aus. Die Metro-Tochter ist mit „Dish" ein Anbieter von Reservierungstools für die Gastronomie.
„Digitale Check-in-Tools sind beispielsweise nicht nur zeitsparend, sie erleichtern auch den korrekten Umgang mit den Kundendaten. Hier haben wir letztes Jahr, nach dem ersten Lockdown, einen großen Bedarf gemeldet bekommen und konnten diesem Bedarf mit der Entwicklung eines eigenen Tools nach nur wenigen Tagen auch direkt nachgehen.“
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„Die Pandemie hat indirekt dafür gesorgt, Vorurteile zu beseitigen und die Akzeptanz für digitale Lösungen beim Personal und den Gästen zu erhöhen“, so die Erfahrungen von Tobias Poth, Geschäftsführer von Reservision. „Geltende Hygiene- und Abstandsregelungen, weniger Plätze im Restaurant und dennoch eine größtmögliche Auslastung. Diese Herausforderung hat die Gastronomen noch sensibler für No-Shows gemacht. Möglichkeiten für verbindliche Reservierungen werden deshalb vermehrt nachgefragt.“
„Durch Corona und die pandemiebedingten Einschränkungen und Auflagen sind Aspekte wie die optimale Auslastung der häufig reduzierten Sitzplätze nochmals wichtiger geworden“, ergänzt Lars Ewers, Geschäftsführer Teburio. Viele Gastronomen seien momentan darauf angewiesen, die verbliebenen Kapazitäten bestmöglich zu nutzen Auch hier könne eine Reservierungssoftware unterstützen.
Entlastung fürs Restaurant-Team
„Eine der wichtigsten Herausforderungen in der Gastronomie ist derzeit die Personalnot. Jetzt sind vor allem Systeme zur Automatisierung des Arbeitsalltags gefragt – also alles, was Mitarbeitende im Tagesgeschäft entlastet“, hebt Christian Bauer, Geschäftsführer von Resmio, einen weiteren Aspekt hervor.
Das könne die Gästeregistrierung via QR-Code sein, mit der Möglichkeit, beim Check-in bereits die digitale Speisekarte aufzurufen und gegebenenfalls direkt zu bestellen und bezahlen. „Das funktioniert vielleicht nicht für Fine Dining, aber für alle anderen Gastronomiebetriebe ist dies eine denkbare Option.“
„Gastronomen entdecken erst langsam, dass ihnen auch eine einfache Reservierungssoftware so viel mehr bietet, als ,nur‘ Reservierungen zu handeln“, sagt Sven Sester, Leiter Kundenservice von 42he, Anbieter von „Centralplanner“. Automatische Kennzeichnungen von Stammkunden oder No-Shows würden besonders neuem Personal helfen. Die Möglichkeit, Gastdaten auch für Marketing oder zur Kundenbindung zu nutzen, wird einfacher umsetzbar.
Ein digitales Reservierungssystem bietet weitere Vorteile, wie Sester betont. So könnten Gäste etwa jederzeit buchen. Das biete mehr Komfort und zugleich werde das Restaurant-Team entlastet. Automatische Erinnerungsmails verringern No-Shows, und Kommunikationsfehler wie ein falsch verstandener Name lassen sich vermeiden.
Konditionen genau prüfen
Wichtig bei der Auswahl eines Systems ist, darauf zu achten, dass es einfach zu bedienen ist, so die Experten. Weitere Punkte, die sie hervorheben, sind unter anderem die Integrationsmöglichkeit auf der eigenen Website und das Thema Datenschutz.
„Die Software wird oft im laufenden Betrieb erlernt und von wechselndem Service-Personal genutzt, sie muss daher intuitiv zu bedienen sein“, betont Sester. „Keep it simple“ sollte daher seiner Auffassung nach höher gewertet werden als der Wunsch, möglichst alle Funktionen zu erfüllen. „Beides gleichzeitig ist kaum möglich, da ein hoher Funktionsumfang fast zwangsläufig Komplexität bedeutet.“

Funktionen wie ein grafischer Tischplan und die geräte- und ortsunabhängige Verfügbarkeit können wichtige Aspekte dieser einfachen Bedienbarkeit sein, so Teburio-Chef Ewers. „Eine optische Darstellung des Gastraumes ist in einem Reservierungstool für Restaurateure hilfreich, so kann die Tischzuweisung zu eingehenden Reservierungen einfach erfolgen“, ergänzt Glaeser von Hospitality Digital.
Resmio-Chef Bauer rät, das Reservierungssystem möglichst entlang der gesamten Customer Journey der Gäste auszuwählen, „von der Sichtbarkeit, etwa auf Google, bis hin zur Ansprache via Email-Marketing nach ihrem Besuch“. Ein kostenloser Kundensupport sei ebenfalls sinnvoll.
Sester empfiehlt zudem, die Konditionen genau zu prüfen und bestenfalls reale Kosten bei vergleichbaren Restaurants einzuholen. Die großen Plattformen ranken bei Google oft besser als die Restaurant-Webseiten selbst, gibt er zu bedenken. „Die Gäste reservieren nicht mehr über die Seite des Restaurants, sondern über die Plattform des Reservierungssystem-Anbieters.“ Dort zahle der Gastronom meist zusätzlich pro Reservierung, auch wenn die Gäste ohnehin gekommen wären.
Gastronomen sollten berücksichtigen, welche Verpflichtungen mit dem Vertragsabschluss eingegangen würden, rät Ewers. „Das Preismodell muss transparent und nachvollziehbar sein“, so auch Glaeser. „Nehmen wir einen weiteren wichtigen Faktor: Die SMS-Notifikation für Gäste. Erhält ein Gast eine Reservierungsbestätigung, führt dies erfahrungsgemäß zu einer geringeren No-Show-Rate. Aber Vorsicht: Bei einigen Anbietern können die SMS-Notifikationen zur Kostenfalle werden.“
„Außerdem sollte man bereits im Vorfeld analysieren, welche individuellen Anpassungsmöglichkeiten einem wichtig sind und inwieweit diese in den jeweiligen Systemen umsetzbar sind“, spricht Poth von Reservision einen weiteren Aspekt an.
„Es gibt einige Kriterien, die bei der Auswahl der richtigen Partner für die Zusammenarbeit zu berücksichtigen sind“, so Daniel Simon, Country Manager Open Table Deutschland. „Wir empfehlen Hoteliers und Gastronomen, den Gewinn und Nutzen der Zusammenarbeit im Vorfeld zu definieren und genau zu recherchieren, was jede Plattform wertvoll macht.“ Einige Fragen, wie etwa „Womit kann das Reservierungssystem helfen, welche Reichweite hat es, und kann es Angebote anbieten und präsentieren?", sollten die Betreiber laut Simon mit dem möglichen Partner klären.
Integriert und automatisiert
„Es ist ratsam, dass Gastronomen und Hoteliers frühzeitig vor allem künftige Prozesse in ihre Überlegungen zur Auswahl eines Reservierungssystems miteinbeziehen“, rät Andreas Jonderko, Geschäftsführer von Gastronovi. „Sprich, digitale Lösungen zu nutzen, die übersichtlich und professionell den täglichen Arbeitsprozess optimieren, sich gleichzeitig aber auch in ein vernetztes System einfügen.“
Vorteil solcher integrierten Lösungen sei, dass Gastronomen die Ist-Situation im Betrieb sowie Daten aus dem Reservierungstool in Echtzeit vorliegen haben. So könnten sie ihre Ressourcen „automatisiert und optimal verwalten“. Diese Entwicklung zu integrierten Lösungen und Automatisierung sehen alle Experten. Ein künftiger Trend könne der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) sein, bei der ein selbstlernendes System datenbasierte Handlungsempfehlungen liefern kann, so Jonderko.
„Mittel- bis langfristig wird es darum gehen, dass die Reservierungssoftware Restaurants tiefere Einblicke in die Wünsche sowie Bedürfnisse ihrer Gäste spiegelt“, erklärt Simon. Das Gastgewerbe verändere sich ständig. „Daher ist es wichtig, dass Restaurants die Geschäfts- und Gästetrends beobachten, um sicherzustellen, dass sie ihr Angebot anpassen sowie weiterentwickeln und so die Treue der Gäste fördern.“