Irgendwann stellt sich für jedes Unternehmen die Frage der Nachfolge. Obwohl sich die meisten Ferienhotels im deutschsprachigen Raum in Familienbesitz befinden, ist eine Übergabe an die nächste Generation nicht selbstverständlich. Daher häufen sich Meldungen über Betriebsschließungen. Doch es gibt andere Lösungen.
Was erwarten Gäste von einem Stadthotel und was von einem Ferienhotel? Das lässt sich kaum abgrenzen. Schließlich übernachten in Städten oftmals Leisure-Gäste, während in Hotels in Feriendestinationen auch Tagungen, Incentives oder Ausstellungen stattfinden. „In meinem Verständnis sind Ferienhotels Häuser im ländlichen Raum, in Klein- oder Mittelstädten mit einem überwiegend freizeittouristischen Angebot und überwiegend freizeittouristischen Gästen“, erläutert Michael Lidl, Geschäftsführender Partner der Treugast Solutions Group.
Lidl schätzt, dass die führenden Ferienhotelbetreiber in Deutschland zusammen über rund 100 Hotels und rund 12.500 Zimmer verfügen (im Schnitt 120 bis 130 Zimmer pro Betrieb, Stand: 2023). Unter Berücksichtigung des Anteils markengebundener Betreiber am Gesamtangebot in Deutschland wird die Anzahl der privat geführten Ferienhotels von der Treugast auf circa 800 bis 1.000 Hotels geschätzt. Die Markendichte am gesamten deutschen Hotelmarkt beträgt – bezogen auf die Ferienhotellerie – rund 10 bis 15 Prozent der Betriebe. Da markengebundene Ferienhotels im Schnitt deutlich kapazitätsstärker sind als privat geführte Ferienhotels, gehen die Berater von einer Markendurchdringung auf Basis der Zimmerkapazitäten von rund 35 bis 40 Prozent aus. Während im Stadtbereich die Markendurchdringung bis zu 80 Prozent der Zimmerkapazität betragen kann, wird die Ferienhotellerie weiterhin von Privathotels dominiert.
„Die Markendurchdringung an Ferienstandorten kann zwischen 0 und maximal 50 Prozent variieren“, so Lidl. Der Owner-Operator-Anteil (Eigentümer der Immobilie und gleichzeitig Betreiber) der Ferienhotellerie liege entsprechend bei mehr als 90 Prozent der Betriebe. Und: Laut IHK Deutschland haben rund 81 Prozent der Senior-Unternehmen, also Betriebe, die zur Übergabe bereit stehen, in Hotellerie, Gaststätten und Tourismus Probleme, einen Nachfolger zu finden. Lidl geht in der Ferienhotellerie von einem geringeren Anteil aus als in der Gastronomie, aber von einem höheren als in der Stadthotellerie. „Dementsprechend schätze ich, dass zwei von drei Senior-Unternehmen in der Ferienhotellerie Schwierigkeiten haben, einen Nachfolger zu finden.“
"Der Verkauf eines familiengeführten Betriebs ist immer mit persönlicher Geschichte verbunden."
Karl J. Pojer, CEO, Dertour Group Hotel Division
Stephanie Zarges-Vogel, Geschäftsführende Gesellschafterin von Zarges von Freyberg Hotel Consulting, kennt Betriebsübergaben nicht nur aus ihrer Beratungstätigkeit. Sie hat den Prozess auch im Hotel ihrer eigenen Familie durchlaufen: Thurnher’s Alpenhof in Zürs am Arlberg wird ab sofort nicht mehr durch Mitglieder der Familie, sondern von der DSR Hotel Holding als Teil der A-Rosa Collection betrieben. Eine neue Marke, die speziell für die Integration von kleineren Boutique-Hotels in das DSR-Portfolio geschaffen wurde. „Wir haben sogar über einen Verkauf nachgedacht, aber die Zusammenarbeit mit der DSR stellt für uns zum jetzigen Zeitpunkt die optimale Lösung dar – wenn auch mit höheren Investitionen für uns verbunden“, so Zarges-Vogel. Denn: „Wenn man an eine professionelle Hotelgesellschaft oder einen White Label Betreiber verpachtet, der einen Franchisevertrag mit einer internationalen Marke erfüllen muss, können die Auflagen hoch sein.“
Marken haben hohe Erwartungen

Im Thurnher’s Alpenhof mussten beispielsweise aus Gründen des Brandschutzes alle Möbel und Antiquitäten aus den Fluren entfernt werden. Weitere Maßnahmen umfassten Renovierungen in Bereichen wie Haustechnik, Küche und Ausstattung. Unter anderem werden alle Lampen und Lichtschalter an neueste Standards angepasst. Zudem wurden im Restaurant Stühle, Stoffe, Vorhänge und Teppiche erneuert. Neben einem aufgerüsteten Buffet erhielt die Bar eine moderne Ausstattung und Kühlung. „Das kann sich nicht jeder Hoteleigentümer leisten“, gibt Stephanie Zarges-Vogel zu bedenken.
Für die Planung der Renovierung wurde ein Steuerungskomitee gebildet, dem Stephanie Zarges-Vogel, ihre Mutter Beatrice Zarges sowie zwei Vertreter der DSR angehören. Unterstützt werden sie von der langjährigen Architektin der Familie Zarges, einem Projektsteuerer aus Vorarlberg sowie einem Innenarchitekturbüro. Fest steht: Ferienhoteliers, die ihren Betrieb an eine größere Gesellschaft verpachten möchten, haben heute mehr Möglichkeiten als noch vor wenigen Jahren. Zarges-Vogel nennt als Akteure neben der DSR die IHG, Accor oder die Althoff Hotels & Resorts sowie White Label-Betreiber wie Tristar oder Odyssey. Letzterer führt unter anderem Schloss Lieser an der Mosel als Autograph Collection Hotel und wird die Alte Post in Reit im Winkl als Teil der IHGs Vignette Collection auf den Markt bringen.
Der Standort kann entscheidend sein
Auch Ruby Hotels hat Resorts angekündigt – derzeit arbeite Zarges von Freyberg Hotel Consulting mit der Lean-Luxury-Brand an einem Projekt im süddeutschen Raum. Zu den Käufern von Resorts in der DACH-Region zählten bisher überwiegend Privatpersonen oder Family Offices, wie etwa die Unternehmerfamilie Dohle, der nicht nur das Fairmont Vier Jahreszeiten in Hamburg, sondern auch die Tenne in Kitzbühel gehört. Ein weiteres Hotel in dem österreichischen Ort, das Erika, zählt zum Eigentum der Familie Tönnies. Unternehmer Viessmann (Sonne Frankenberg) engagiert sich ebenso in der Hotellerie wie die Familie Mankel (Fährhaus auf Sylt). Soravia ist beim renommierten Hospiz Hotel in Sankt Christoph am Arlberg eingestiegen, und Immobilienentwickler Kurt Zech ist mit der Luxusmarke Severin auf Sylt, in Lech am Arlberg und bald am Tegernsee vertreten.
Die Dertour Group, mit denen die Familie Zarges zusammenarbeitet, expandiert im Bereich erdgebundene Reisen in erster Linie mit den Marken der DSR Hotel Holding aja, A-Rosa, Henri und Mira Hotels. Einer Übernahme legt die Dertour Hotels & Resorts (DTHR) grundsätzlich diverse Analysen zu Grunde. Karl J. Pojer, CEO der Dertour Group Hotel Division, erläutert: „Zunächst erfolgt eine Evaluierung des Standortes. Hier werden Indikatoren wie die Anzahl der touristischen Übernachtungen im Zielgebiet sowie Informationen zur Infrastruktur herangezogen. Zusätzlich wird das ‚Competitive Set‘ evaluiert, sprich der klassische Wettbewerbsvergleich, wer in der Destination bereits wie vertreten ist. Und: die Evaluierung der Hardware des relevanten Hotels selbst.“ Darüber hinaus müsse das potenzielle Hotel zur Markenwelt von Dertour passen.
Ferienhotellerie ist krisenresilient
Zusätzlich zu den harten wirtschaftlichen Fakten bliebe aber auch zu überprüfen, ob die menschliche Ebene passe. Pojer: „Wichtig ist, die emotionale Komponente zu beachten: Der Verkauf eines familiengeführten Betriebes ist immer mit persönlicher Geschichte, mit einem Vermächtnis über manchmal mehrere Generationen und daher vielen Emotionen verbunden. Das ist es ja gerade, was Privathoteliers auszeichnet. Daher braucht es Fingerspitzengefühl und gegenseitiges Vertrauen, um eine erfolgreiche Übergabe zu ermöglichen.“
Als den mit Abstand wichtigsten Faktor bei der Integration bezeichnet Pojer die Mitarbeiter. Er ist überzeugt: „Große Unternehmen müssen es schaffen, die Belegschaft für sich zu gewinnen, ihnen neue Chancen aufzuzeigen und sie zu motivieren, gemeinsam den Schritt in die Zukunft zu gehen. Dann kann eine Integration sehr erfolgreich gelingen. Wir durften etwa bei der DTHR mit dem Sentido Galo Resort auf Madeira und bei der DSR Hotel-Holding mit der A-Rosa Collection Zürs wunderschöne Häuser integrieren.“
Mit der DSR Hotel-Holding als Partner möchte auch der im Frühjahr gegründete Leisure Hotel Investment Club von Noordkant Partners aus Hamburg weiter expandieren. Der geschlossene Alternative Investmentfonds (Spezial-AIF) investiert derzeit in Ferien- und Stadthotels in top-touristischen Lagen in der DACH-Region und Norditalien. Dabei zeichnet die Deutsche Seereederei für das Asset- und Property Management des Fonds verantwortlich und ist bevorzugter Betriebspartner.
Grundsätzlich ist der Fonds bei der Betreiberwahl aber unabhängig. Das Zielvolumen des Fonds liegt bei 250 Millionen Euro. Gesucht werden nicht nur weitere Investoren, sondern auch Leisure-Hotels als Neubauprojekte sowie revitalisierte oder Konversionsobjekte. Für diese gibt es idealerweise keine bestehenden Miet- oder Pachtverträge und sie verfügen über mindestens 40 Zimmer. Das Gesamtvolumen je Objekt sollte zehn bis 50 Millionen Euro betragen. Erstes Haus des Fonds ist das Ceres am Meer in Binz auf Rügen, das DSR als A-Rosa Collection Hotel führt.
Attraktive Geldanlage für Investoren
„Die Ferienhotellerie hat ihre Krisenresilienz in den vergangenen Jahren nachweisbar unter Beweis gestellt. Zugleich ergeben sich aus der fortschreitenden Konsolidierung des noch immer stark fragmentierten Leisure-Hotel-Marktes zahlreiche Entwicklungschancen. Diese Chancen wollen wir mit unserem Fonds für Ferienhotels in touristischen Bestlagen nutzen“, erläutert Hjalmar Vagt, Founding Partner der Noordkant GmbH. „Unser Leisure Hotel Investment Club investiert in Ferienhotels in der DACH-Region und Norditalien, weil wir fest an das Wachstum des erdgebundenen Tourismus glauben.“
Auf ein einzelnes Hotel bezogen setze dies ein modernes Betriebskonzept und Investitionen in eine zeitgemäße Ausstattung voraus. Vagt habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass viele Hoteleigentümer diesen Weg – aus ganz unterschiedlichen Gründen – nicht mitgehen wollen und können. „Wir bieten eine Lösung, indem wir solche Häuser kaufen, modernisieren und langfristig an einen neuen Betreiber vermieten. Zugleich stellt der Fonds für Betreiber mit Asset-Light-Strategie ein geeignetes Expansionsvehikel dar. Und schließlich bieten wir unseren Investoren eine attraktive Geldanlage.“
Eine besondere Kollektion an Ferienhotels im deutschsprachigen Raum haben sich die Dr. Lohbeck Privathotels aufgebaut. Die Gruppe expandiert durch Zukäufe bestehender Hotels in Deutschland und Österreich; meist war diesen eine familieninterne Nachfolge nicht möglich. Gesucht werden Hotels ab 50 Zimmern im Viersterne-Bereich. Zweites Standbein ist der Kauf und Betrieb von Bestandhotels ohne F&B als Franchise-Betriebe in Florida. Erst im Juli dieses Jahres erwarben die Dr. Lohbeck Privathotels das bekannte Hotel Sonne in Baiersbronn im Schwarzwald.

Wellness ist essenziell
Als Pächter oder sogar als Eigentümer ist die Gruppe Seetelhotels aus Usedom an weiteren Ferienhotels interessiert – und das nicht nur auf der Heimatinsel. „Ein Resort-Hotel sollte mindestens den Dreisterne-Standard erfüllen, um den Ansprüchen unserer Marke gerecht zu werden. Dabei spielt die Lage in einer attraktiven Urlaubsregion eine entscheidende Rolle“, erläutert Geschäftsführer Rolf Seelige-Steinhoff von Seetelhotels. „In Bezug auf die Zahl der Zimmer sind wir flexibel, denn unser Interesse richtet sich vor allem auf das Gesamtkonzept und das Potenzial des Hotels. Wichtig sind uns sehr umfassende Wellness-Angebote, ein gut ausgestatteter Fitnessbereich sowie ein besonderes kulinarisches Programm.“ In Bezug auf die Gestaltung der Zusammenarbeit zeigt sich Seelige-Steinhoff offen: „Wir bieten verschiedene Vertragsformen an, darunter Managementverträge oder Miet- und Pachtmodelle, Kaufverträge sowie Franchise.“
Die Fidelity Hotels & Resorts haben sich in jüngerer Zeit als Betreiber von Resort Hotels einen Namen gemacht. CEO Frédéric Schmidt erläutert: „Unser grundsätzliches Akquise-Profil umfasst Hotels mit mindestens 50 Zimmern in touristischer Lage in der DACH-Region mit gutem Drei- bis Viersterne-Superior-Standard. Es sollte ein Vollhotel mit Küche und Restaurant sein, bevorzugt auch mit Wellnessbereich.“ Wichtig sei auch, dass durch den Betreiber keine größeren Investitionen notwendig seien. Als Vertragsarten bietet Fidelity Pacht- oder Managementverträge an. Während man bei der Laufzeit von Managementverträgen flexibel sei, sollte sie bei Pachtverträgen mindestens fünf Jahre betragen, lieber zehn.
In der Regel erfordere ein Übernahmeprozess eine Vorlaufzeit von mindestens sechs Monaten, sagen Seelige-Steinhoff und Schmidt. Das könne bisweilen auch kürzer oder länger ausfallen: „Dies hängt stark von den individuellen Gesprächen und Verhandlungen mit den Eigentümern ab sowie von der Due Diligence. Ebenso spielt die Integration in das bestehende Portfolio eine Rolle, da wir sicherstellen möchten, dass jedes neue Hotel nahtlos in unser Konzept eingefügt wird, ohne Kompromisse bei Qualität und Service einzugehen“, so Seelige-Steinhoff. Die Hotel Division von Dertour setzt sich generell zum Ziel, Übernahmeprozesse innerhalb von zwölf Monaten umzusetzen und dann entsprechende Verträge unterschriftsreif zu haben.
Käme ein Vertrag zustande, so Seelige-Steinhoff, sei die Übernahme der Mitarbeiter meist Voraussetzung beziehungsweise durch §613a BGB Verpflichtung. „Darüber hinaus ist es uns ein Anliegen, die Mitarbeiter zu integrieren und zu fördern, da sie maßgeblich zum Erfolg des Hauses beitragen“, unterstreicht Seelige-Steinhoff. Die besondere Stärke der Seetelhotels liege darin, dass es sich um ein familiengeführtes Unternehmen handle, das eine klare Vision und Mission verfolge. Deren Basis seien Werte wie Liebe, Respekt und Sinn.
Die Gruppe Fidelity bezeichnet Individualität als USP. Dazu sagt Schmidt: „Unser Slogan lautet ‚Unique in variety‘. Dank kurzer Entscheidungswege können wir sehr schnell agieren. Durch den hinter Fidelity Hotels & Resorts stehenden Verbund der Solutions Familien-Holding, die im Bereich Hospitality mehr als fünf Marken mit 20 Hotels und 2.000 Zimmern umfasst, kann jederzeit auf zusätzliche Expertise und Unterstützung zurückgegriffen werden.“
Dieser Artikel ist in der Tophotel-Ausgabe 12-2024 erschienen.
