Adel verpflichtet – eigentlich Hoteltest Erbprinz Ettlingen

© Erbprinz Ettlingen

Der Erbprinz blickt auf eine lange Geschichte zurück und wird auch als "Wiege der deutschen Gastronomie" bezeichnet. Ob die kulinarischen Angebote dieser Einschätzung gerecht werden und ob auch Zimmer, Service und Spa-Bereich überzeugen, überprüfte Tophotel in einem anonymen Hoteltest.

Hoteltest Erbprinz Ettlingen: Reservierung

Im Nu hat die engagierte Mitarbeiterin Frau N. des Erbprinz Ettlingen für mich außer einem ruhigen Einzelzimmer zu 159 Euro pro Nacht inklusive Frühstück auch noch eine Tischreservierung im Gourmetrestaurant klargemacht – nachdem sie sich vergewissert hat, dass das an betreffendem Abend auch möglich ist. Das Telefonat mit Spaß, weil die Mitarbeiterin so fröhlich wirkt, und tüchtig dazu. Nur nach dem Wellnessbereich muss ich mich selbst erkundigen, aber dann beschreibt sie diesen anschaulich und bietet mir sogleich an, mich für die Buchung von Behandlungen mit der Spa-Rezeption zu verbinden.

Hoteltest: sehr gut

Website

Die Website des Hotels präsentiert sich stilvoll – mit viel Gold, ungewöhnlicher Hausschrift, vielen Krönchen und dem immer wiederkehrenden, geschnörkelten "E" des Logos. Ein aktuelles Angebot wird der Homepage dominant vorangestellt, alternierende Fotos machen Lust auf Haus, Spa und die Gastronomie. Als nützlich empfinde ich die Daten und Fakten "Auf einen Blick", informativ sind die Seiten zu Wellness, Tagung, Feiern und Freizeit. Und das Wasser läuft mir schon im Mund zusammen, als ich mich durch die Speisekarten schmökere. Das Degustationsmenü ist allerdings nicht auf dem neuesten Stand. Und ob sich wirklich jemand den überambitionierten, elfminütigen Hotelfilm antut, wage ich zu bezweifeln.

Hoteltest: sehr gut

Lage/Anreise

Eine malerische Altstadt, durch die ein kleiner Fluss fließt, ein Schloss, in dem sommers Festspiele stattfinden, und ein Park, der einmal die Landesgartenschau beherbergt hat – Ettlingen ist eine eher gemütliche, knapp 40.000 Einwohner zählende Stadt im nördlichen Schwarzwald, nur wenige Kilometer von Karlsruhe entfernt. Früher einmal ein Verkehrsknotenpunkt, begründet dies auch die Historie des Erbprinz, welche auf Ende des 18. Jahrhunderts als Posthalterstation mit Schankerlaubnis datiert wird.

Und es begründet auch die Tatsache, dass das Hotel an einer Straßenkreuzung liegt, auf der ganz ordentlich Verkehr braust. Die Stadt hat einen eigenen Bahnhof, und wer mit dem Flieger anreist, kann sich vom Hotel am Flughafen Stuttgart oder Frankfurt abholen lassen. Ich reise mit dem eigenen Pkw an und parke diesen auf dem Hotelparkplatz. Der Platz ist begrenzt, steht dort doch ein großer Kran aufgebaut. Bauarbeiten? Davon war weder beim Reservierungsgespräch noch in der Bestätigung die Rede ... – Ich nehme mehrere unterschiedliche Gebäude wahr, die miteinander verbunden sind und offenbar alle zum Hotel gehören.

Hoteltest: sehr gut

Hoteltest Erbprinz Ettlingen: Check-in

Ist das der Hintereingang? Danach sieht das stattliche Portal, das vom Parkplatz ins Haus führt, gar nicht aus. Über grüne Granitstufen, flankiert von sehr pinkfarbenen Lilienarrangements, geht es nach oben, von dort leitet ein Schild nach rechts zur Rezeption. Erneut muss ich einige Stufen nehmen. Bis hierhin habe ich mein Gepäck getragen, von einem Portier/Pagen/Hausdiener war nichts zu sehen. Das bleibt auch während des ganzen Aufenthaltes so.

An der klassisch in dunklem Holz gehaltenen Rezeption begrüßt mich Herr W. auf angenehm höfliche und doch lockere Art. Ein Willkommensschlückchen wäre jetzt angenehm, wird mir aber nicht angeboten. Nach den Anmeldeformalitäten trägt der  Empfangsmitarbeiter mein Köfferchen einige Stufen nach oben, ab da begleitet mich eine Mitarbeiterin zum Zimmer. Unterwegs zeigt sie mir den Weg zum Fitnessraum und zum Spa. In Zimmer 132 lässt sie mich allein und wünscht einen schönen Aufenthalt.

Das Zimmer ist nett, aber: Das Öffnen der Tür zum französischen Balkon offenbart einen Blick auf eine Baustelle. Das gefällt mir gar nicht. Also zurück an die Rezeption. Herrn W. war gar nicht bewusst, dass dieses Zimmer zu einer Baustelle geht ("Wir haben im Moment so viele Baustellen im Haus") und schickt mich mit einer Mitarbeiterin in ein anderes Zimmer. Dieses liegt nun direkt unter dem Dach, auf dem die Bauarbeiten stattfinden, was den Lärmpegel nicht geringer werden lässt. Das dritte gezeigte Zimmer nehme ich schließlich, es liegt "nur" zu den Straßenbahnschienen. Ich kann ja nicht ahnen, dass in Ettlingen die Straßenbahnen (gefühlt) die ganze Nacht fahren.

Hoteltest: gut

Zimmer

"Zeitlos. Klassisch. Elegant." So lautet der Slo-gan des Hotels. Mit etwas Wohlwollen lässt sich auch mein Zimmer so beschreiben. Der Ausdruck "zeitgemäß" passt jedenfalls nicht. Cremefarbene Wände, ein rostrot-gemusterter Teppichboden und klassische Stilmöbel in – vermute ich mal – Kirschbaumholz. Das Bett 140 Zentimeter breit mit hohem Polsterrückenteil, darüber links und rechts zwei Messinglampen, falls doch einmal zwei Personen hier übernachten. Vor dem Bett ein gepolstertes Bänkchen. Links neben dem Bett eine Kommode mit geschwungenen Füßen, rechts ein runder Nachttisch und der Kleiderschrank.

An der Wand gegenüber reihen sich ein Halbsessel, ein Tisch mit Mittelfuß, ein Minibarmöbel, auf dem der Flatscreen steht, und ein 110 Zentimeter breiter Sekretär, der, muss man in diesem Zimmer arbeiten, einen Schreibtisch nur unzureichend ersetzt. Vor dem bodentiefen Fenster rot-goldene Vorhänge, die tagsüber zur Seite geschlagen werden. Am Abend müssen sie als Verdunkelung ausreichen. Alle drei Bilder hängen schief und der schwarz-weiße Philips-Radiowecker mit iPhone-Docking-Station wirkt in dieser Umgebung wie von einem anderen Stern. Doch wenn wir die Tatsache außer Acht lassen, dass es hier kein wirklich bequemes Sitzmöbel gibt, lässt sich das Zimmer als recht behaglich charakterisieren.

Auch lässt es sich klimatisieren, was bei den während meines Besuches herrschenden Temperaturen gar nicht hoch genug gewertet werden kann. Allerdings ist der Teppichboden in den Ecken und unter dem Bett schlecht gesaugt und auf den Bilderrahmen, der Garderobe und dem Schrank liegt fingerdick Staub. Im Schrank müssen sechs Holz- und ein Klemmbügel reichen, dem Bademantel fehlt eine Schlaufe und die Frotteeschlappen tragen kurioserweise die Aufschrift "Burghotel Schlitz". In der Minibar finden sich halbe Flaschen Sekt und Champagner, badische Weine, regionales Bier, die üblichen Softdrinks und ein paar Spirituosen. Die Tafel Fedora Schokolade wird für 3 Euro angeboten, dabei hat man doch im hauseigenen Café so viel feinere Naschereien. Auch Paprika-Chips und Erdnüsse zeugen nicht von Originalität. Wein-, Wasser- und Bierglas sind nicht sauber poliert, der Kühlschrankboden ist richtig schmutzig.

Ziemlich angeschmuddelt wirkt der Telefonhörer und er riecht auch so. Die Gästemappe auf dem Sekretär offenbart Briefpapier und Broschüren, die Room Service-Karte und ein nettes Büchlein mit der Hotelchronik. Notizblock und Kugelschreiber mit Hotellogo sind ebenso vorhanden wie eine Telefoninformation, ein TV-Programm und ein Aufsteller, der auf die bereits erwähnten Autos hinweist. Was allerdings schmerzlich fehlt, ist eine Gästeinformation.

Als einziges Willkommen steht eine halbe Flasche Wasser bereit. Kein Obst, kein Pralinchen aus der hauseigenen Patisserie, nicht einmal ein Betthupferl gibt es für mich im Komfortzimmer. Und auch kein Begrüßungskärtchen. "Persönlich. Traditionsbewusst. Inhabergeführt" steht neben dem Porträt von Bernhard Zepf, dem Inhaber, in der goldfarbenen Hotelbroschüre. Das kommt so nicht zum Ausdruck. Das alles würde noch für ein "Befriedigend" in der Gesamtnote langen, doch die schlimmen Schweißränder auf dem Kopfkissen und die gelblichen Flecken auf dem Bettdeckeninlett gehen gar nicht.

Hoteltest: mangelhaft

Bad

Das Schönste an diesem Bad ist sein Fenster. Tageslicht in einem Hotelbad ist etwas Seltenes und Angenehmes. Grüner Granit und ein zartrosa Marmor zieren Boden, Waschtisch und die großzügige begehbare Dusche – Materialien, die dem Bad eine hochwertige Anmutung geben. Wände, Armaturen und Sanitärobjekte präsentieren sich in gutem Zustand, nur der Türrahmen ist an einer Seite über dem Boden aufgequollen. Wahrscheinlich das Resultat einer Duschüberschwemmung, denn es gibt keine Duschtür. Für Komfort sorgen ein Hocker, ein Haartrockner mit Stufenschaltung und ein höhenverstellbarer, beleuchteter Kosmetikspiegel.

Schade, dass dieser so weit hinten montiert ist. Durch die Tiefe des Waschtisches ist er kaum zu erreichen und damit auch kaum zu nutzen. Während Hand- und Badetuch von guter Qualität sind, passen die schlichten Guest Supplies (zwei Flakons mit Duschgel und Body Lotion, eine kleine Seife, eine Duschhaube) nicht zum Fünf-Sterne-Superior-Standard. Genauso wenig wie die Ablagerungen unter dem Rand der Toilettenschüssel. In puncto Umweltschutz fällt auf, dass auf Hinweise zum sparsamen Gebrauch von Handtüchern verzichtet wird.

Hoteltest: gut

"Café Erbprinz"

Kunstvoll belegte Obst-Torteletts, feine, kaum einen Zentimeter hohe Tartes, eine dafür umso höhere Schwarzwälder Kirschtorte und handgemachte Pralinen in großer Vielfalt – vor diesen Auslagen läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Erst in diesem Jahr eröffnet, hat sich das "Café Erbprinz" zu einer echten Bereicherung mit großer Anziehungskraft entwickelt, was nicht verwundert. Neben süßen Leckereien werden auch Konfitüren, außergewöhnliche Kaffee- und Teesorten und ein Sortiment an Kaviar angeboten. Alles zum Verzehr, aber auch zum Außer-Haus-Verkauf. Verantwortliche Konditorin und Patissière ist Jasmina Knebel, die Ehefrau von Sternekoch Ralph Knebel.

Ich nehme auf der hübschen kleinen Terrasse Platz, schaue auf Buchsbaum, Efeu und Geranien und versuche den Verkehrslärm jenseits des ziselierten Eisenzauns zu ignorieren. Was soll ich nehmen? Ein Stück meines Lieblings(=Käse)kuchens oder doch lieber eines der feinen Törtchen? Die nette Dame rät zu Letzterem – "Käsekuchen kriegen sie auch woanders!" Da hat sie Recht. Ich vertraue auf den Geschmack der Mitarbeiterin und bekomme ein bildschönes Mürbeteig-Törtchen vorgesetzt, bei dem makellose Himbeeren auf einer Vanillecreme sitzen, dekoriert mit drei knallgrünen Pistazien. Ein Augen- und ein Gaumenschmaus! Zur Feier dessen muss es noch ein Glas Sekt sein, frisch, kalt, prickelnd, wunderbar. Die nette Bedienung, die leider kein Namensschild trägt, arbeitet effizient und strahlt eine natürliche Herzlichkeit aus. Gastgeber wie sie sind es, die Häuser wie den Erbprinz auszeichnen.

Hoteltest: sehr gut

Hoteltest Erbprinz Ettlingen: Spa

Haben Sie schon einmal den Palast von Knossos besucht? An dessen Rekonstruktion erinnert mich die schwarz-rote Farbgebung des Innenpools im Erbprinz. Dabei sind im sonstigen Spa die Anleihen eher bei den Römern gemacht. Ein wirklich tolles Angebot, dieser Wellnessbereich. Eigentlich. Mit großzügigem Schwimmbad, mehreren Saunen, zwei Ruheräumen und einem ambitionierten Beauty Spa bietet das Hotel seinen Gästen beste Möglichkeiten, sich ein paar Stündchen auszuklinken und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Irgendwo im ersten Stock gibt es zudem noch einen Fitnessraum.

Das Bemühen ist durchaus ersichtlich, es dem Gast schön und angenehm zu machen. Mit Tee und Granderwasser, frischem Obst an der Poolbar und Töpfchen mit Meersalz und Olivenöl für ein Peeling im Dampfbad. Aber: Dieses Bemühen wird nicht konsequent durchgezogen. Wie lieb- und einfallslos ist der Außenbereich vor dem Schwimmbad möbliert – ganze zwei Liegen mit nicht mehr sauberen Auflagen und ein paar Stühle ohne Polster wirken wenig einladend, wenn man bei schönem Wetter keine Lust hat, sich im dunklen Poolbereich aufzuhalten. Zudem ist der Frischluftraum vor der Sauna aufgrund der Bauarbeiten gesperrt, was der Gast ohne jede Entschuldigung oder Erklärung von Seiten des Hotels hinnehmen muss.

Dann gibt es nach 14 Jahren des Betriebs Abnutzungserscheinungen an den Einrichtungen, die deutlich sind und nicht ignoriert werden sollten: einen großen Rostfleck an einer Wand des Pools, dunkel verfärbte Bänke in der Finnischen Sauna, Fliesenschäden und abgeplatzte Farbe im Dampfbad, verkalkte Brauseköpfe und beginnende Sporenbildung in der Verfugung. Gerade in einem Spa-Bereich, wo Wasser und Wärme die Keimbildung unterstützen, muss penibel auf Sauberkeit und Hygiene geachtet werden. Was zum zweiten Kritikpunkt führt. Obwohl eine Mitarbeiterin morgens im Wellnessbereich werkelt und obwohl die Poolbar tagsüber meistens besetzt ist, wirkt der Wellnessbereich insgesamt nicht ausreichend gepflegt. Sämtliche Fensterscheiben nach draußen sind stark verschmutzt – gerade wenn Bauarbeiten zugange sind, muss man sie umso öfter putzen. In der Sauna liegen morgens noch Handtücher vom Vortag. Der Außenbereich wird zwischendurch nicht aufgeräumt. Die Teelichter rund um den Pool sind schmuddelig. Und der letzte Eintrag auf der aushängenden Säuberungscheckliste ist sage und schreibe vier Tage alt.

Hoteltest: befriedigend

Message-Transfer

Als ich aus dem Spa ins Zimmer zurückkomme, liegt dort ein Kärtchen auf dem Tisch: Die Nachricht, die ein Anrufer für mich hinterlassen hat, ist handschriftlich notiert, vollständig, korrekt und wohl formuliert.

Hoteltest: sehr gut

Roomservice

Die Roomservice-Karte macht in ihrer Form der Gastronomie keine Ehre. Ein einfaches gefaltetes DIN-A4-Blatt listet sechs Vorspeisen und Suppen, ein vegetarisches Gericht sowie neun Fisch- und Fleischgerichte. Weder Desserts noch Getränke sind aufgeführt und auch die Zeit, in der der Roomservice verfügbar ist, wird nicht angegeben. Einmal mehr fehlt das Gäste A-Z, das solche Informationen alternativ verfügbar macht. Die Telefon-Kurzwahltaste "Zimmerservice" verbindet mich mit der Rezeption, wo ein freundlicher Mensch meine Bestellung aufnimmt.

Er erkundigt sich auch nach einem Getränkewunsch und gibt als Servierzeit 20 bis 25 Minuten an. Nach 36 Minuten klopft es an meiner Zimmertür und eine sichtlich erhitzte Mitarbeiterin freut sich, das von ihr etwa 130 Schritte getragene Tablett endlich absetzen zu können. Doch ich sehe es gleich: Der von mir bestellte Weißburgunder fehlt. "Den hab ich vergessen bei all dem Durcheinander", gesteht die Mitarbeiterin und macht sich auf den Weg, das Vergessene zu holen. "Haben Sie ein Glas hier?" Tatsächlich bringt die junge Frau wenig später ein Steingutkrüglein mit dem Wein – als Glas muss ich eines aus der Minibar benutzen.

Die Tatsache, dass ich zur Hauptstoßzeit bestellt habe, hat sich wohl auch auf die Darreichungsform der Mahlzeit niedergeschlagen. Das braune Plastiktablett einfachster Güte ist mit einer sehr schlichten Serviette belegt. Besteck und Mundserviette liegen planlos übereinander, es gibt weder Menagen noch ein Blümchen noch einen Abräumhinweis. Bei der Suppentasse fehlt die Untertasse. Der warme Hauptgang (ein Klassiker: hausgemachte Maultaschen mit Kartoffelsalat und Zwiebelschmelze) wird zeitgleich mit der kalten Vorspeise (Joghurtkaltschale mit Champignon und Radieschen, Kalbslyoner) serviert. Dazu gibt es gutes, frisches Brot und Salzbutter. Das Essen selbst versöhnt mich mit dieser lieblosen Präsentation. Die Kaltschale ist ein frisch-herber Genuss, die hauchdünnen Scheibchen Kalbslyoner – im Wechsel mit Radieschenscheiben auf einem Holzstäbchen quer über die Suppe gelegt – zergehen auf der Zunge.

Umso deftiger danach die Maultaschen mit kräftig-kräuteriger Brätfüllung, süßlich geschmelzten Zwiebeln und einem sämigen schwäbischen Kartoffelsalat, angemacht mit Brühe, Zwiebelchen und einem bisschen Senf. Der Weißburgunder – ich bat um eine Empfehlung – ist viel zu blumig und passt eigentlich nicht zu diesem Hauptgang. Nach Beendigung meiner Mahlzeit stelle ich das Tablett auf ein Tischchen im Flur. Dort steht es bis zum Mittag des nächsten Tages.

Hoteltest: befriedigend

Schuhputzservice / Turndownservice

Ich erkundige mich bei Herrn K., ob es nicht vielleicht doch ein Gäste A-Z gibt. Er gibt mir einen Hausprospekt. Schuhputzservice? Der junge Mann verweist mich auf das Schuhputztuch im Schrank. Und gibt es einen Turndownservice? "Einen was bitte?"

Hoteltest: ungenügend

Hoteltest Erbprinz Ettlingen: "Green Horse Bar"

Drei Männer fläzen sich in den Sesseln der englischen Bar und nebeln den Raum mit dicken Zigarren ein. Die "Green Horse Bar" ist offiziell zertifizierte Davidoff-Lounge und darauf ist man im Hotel sehr stolz. "Für Gäste, die es rauchfrei mögen, steht unsere Hotellobby zur Verfügung." Na, danke schön, da setze ich mich lieber noch ein wenig auf die Terrasse. Nach zehn Minuten des Wartens begebe ich mich zum Desk des Restaurantleiters und erkundige mich, ob es vielleicht möglich wäre, etwas zu trinken bestellen zu dürfen. "Der Barkeeper müsste gleich bei Ihnen sein. Wo ist der überhaupt? Der hat doch noch andere Gäste!"

Immerhin erhalte ich schon einmal die Barkarte. Nach weiteren fünf Minuten taucht ein blonder Stoppelkopf auf (ohne Namensschild) und nimmt meine Bestellung entgegen. Noch einmal zehn Minuten später wird mir eine Margarita serviert mit halbherzigem Salzrand und zu viel Cointreau. Und ohne Nüsschen. Um die muss ich erst bitten. Aber dann kommt eine Viererschale mit Cashews, Erdnüssen, Rauchmandeln und Wasabinüssen, dazu ein Löffel, aber keine Serviette. Als ich darum bitte, die Rechnung aufs Zimmer zu buchen, wird mir der Kassenbeleg zum Unterschreiben auf die blanke Tischdecke gelegt.

Hoteltest: mangelhaft

Tag 2/Frühstück

Mein morgendlicher Milchkaffee ist mir heilig – fifty-fifty heiße Milch und guter, starker Filterkaffee, gerne Schaum und auf jeden Fall eine große, bauchige Schale oder Tasse. Der Kaffee ist vorzüglich im Erbprinz, aber im feinen Porzellantässchen serviert ist er nach drei Schlucken alle. Ich habe mir einen Platz im Garten ausgesucht mit schön eingedecktem Tisch, auf den schon die Sonne blinzelt, fein. Das Buffet ist im Café aufgebaut und sehr appetitlich angerichtet. Fast ständig wuselt eine Küchenkraft umher, füllt auf, richtet an und macht sauber, sehr gut.

Sehr gut ist auch die Qualität des Angebotenen, die Auswahl dagegen überschaubar. Weit und breit entdecke ich keine Frühstückskarte, die dem eventuell Abhilfe schaffen könnte. Und so labe ich mich am Gebotenen: an zweierlei frisch zubereitetem Müsli, einem hochwertigen Orangendirektsaft, der sehr guten Brotauswahl und den hausgemachten Marmeladen, verschiedenem Räucherfisch und Shrimps und wirklich frischem Obstsalat.

Ein feines Glas Sekt mundet ebenso wie die frisch schmeckende Buttermilch, Wurst und Käse bieten keine Überraschungen, zum Caprese fehlt das Basilikum. Aus der eigenen Patisserie und wirklich lecker sind die süßen Sächelchen, insbesondere die Aprikosentarte lässt mich verzückt zurück. Frau M., die Frühstücksleitung, ist noch vom alten Schlag und hat ihre Augen überall. Eine Zeitung? Selbstverständlich. Ein Tee zum Abschluss? "Probieren Sie doch einmal unseren weißen Tee – nur zehn Knospen, und ganz kurz ziehen lassen, ein Gedicht!"

Hoteltest: sehr gut

Housekeeping – Remake

Als ich zum Zimmer zurückkomme, hängt das "Bitte aufräumen"-Schild noch an der Tür, diese ist aber nicht mehr abgeschlossen. Das Zimmer ist auch schon gemacht, nur: "Ich wollte später noch staubsaugen", sagt die Reinigungskraft. Und wischen wohl auch? Das Bad ist zwar sauber, Spiegel, Dusche, Armaturen sind ordentlich geputzt, aber der Boden klebt noch. In der Toilette schäumt es zwar putzmittelfrisch, die Markierungen an Brille und Schüsselrand sind jedoch noch vorhanden. Das Zimmer zeugt auch nicht gerade von enthusiastischer Putztatkraft. Der Kronkorken liegt nicht mehr auf dem Teppichboden, aber noch auf dem Schreibtisch, die Kleidung wurde über die Stuhllehne gehängt, aber nicht zusammengelegt. Das Bett ist sehr schlicht gemacht und das benutzte Glas sieht aus, als sei es mit dem Bodenwischlappen ausgerieben worden.

Hoteltest: mangelhaft

Housekeeping/Öffentliche Bereiche

An etlichen Stellen im Haus ist Baustelle, was auch immer dort entsteht. So gibt es sicherlich mehr Staub als sonst, was den Staub auf den Bilderrahmen erklären würde. Und die vielen schmutzigen Fenster. Aber umso mehr müsste halt geputzt werden. Herr Zepf sei ein Mann mit gutem Geschmack und Humor, besagt der Hotelprospekt und bezieht das auch auf die Einrichtung des Hauses. Tatsächlich wirken die bunt und breit gestreiften Teppichböden im jüngst renovierten Anbau lustig. Und es gibt im ganzen Haus poppige Bilder.

Doch in dem Gebäude, in dem mein Zimmer liegt, ist die Wanddekoration dem Boden schon einen Schritt voraus, soll heißen: Sie passen nicht zueinander. Grüne Granitstufen auf den Treppen, blau-rot-gold gemusterter Teppichboden, darauf ein klassisch-beiges Sofa und dar-über ein pinkfarbenes, großformatiges Blumenbild – das tut dem Auge weh. Also auch hier bitte bald bunte Streifen, Herr Zepf! Gut gepflegt und regelmäßig gecheckt präsentieren sich die öffentlichen Toiletten. Ein Messingschildchen warnt: "Bitte vergessen Sie Ihren Schmuck nicht."

Hoteltest: gut

Hoteltest Erbprinz Ettlingen: Spa-Treatment

Sehr hübsch hat Spa-Managerin Jacqueline Frank ihr Beauty-Spa eingerichtet. Und sie begrüßt mich auf das Herzlichste. Ob ich vielleicht vorab noch etwas trinken möchte? Ich bin zur Hyaluron-Gesichtsbehandlung angemeldet, die mit zehnminütiger Verspätung beginnt. Kosmetikerin A. ist eine ganz reizende Person. Sie macht ihre Sache auch gut, nur kennt sie nicht alle für eine solche Behandlung vorgegebenen Standards. So erklärt sie mir beispielsweise nicht die einzelnen Schritte der Behandlung. Auch dauert es aus irgendeinem Grund ewig, bis die Maske einzieht, sodass die anschließende Gesichtsmassage praktisch flach fällt. Für die standardisierte Intensivbehandlung der Firma Thalgo zahle ich 129 Euro. In einem anderen Fünf-Sterne-Wellnesshotel habe ich dafür wenige Wochen zuvor 100 Euro gezahlt.

Hoteltest: befriedigend

Housekeeping – Wäscheservice

Praktisch nichts zu bemängeln gibt es am Wäscheservice. Höchstens, dass es keinen Express-Bügelservice gibt, wenn man mal schnell etwas aufgefrischt braucht. Die beiden Teile, die ich um 9 Uhr morgens im Wäschebeutel an der Rezeption abgegeben habe – eins zum Bügeln, eins zum Waschen –, hängen am Abend um 18 Uhr feinsäuberlich gebügelt/gewaschen am Kleiderschrank.

Hoteltest: sehr gut

Hoteltest Erbprinz Ettlingen: Sicherheit

Eine Kamerasicherung am Hintereingang kann ich nicht erkennen. Hier können auch Unbefugte eintreten und mit dem Aufzug in die Stockwerke zu den Zimmern fahren. Diese haben einfache, noch mit Schlüsseln zu schließende Schlösser und man muss im Zeitalter der Kartenschließsysteme schon sehr bewusst daran denken, sein Zimmer ordnungsgemäß abzuschließen. Was ja auch die Zimmermädchen nicht unbedingt tun (siehe »Remake«).

Auf einer Housekeepingliste finde ich nicht nur die vollen Namen der Gäste, sondern auch sämtliche zu ihnen notierte Bemerkungen. Dass der Mann von Frau X. eine Fußpflege gebucht hat, beispielsweise, und zwar die große mit Fußmassage. Das Housekeeping-Office neben dem Gym steht nicht nur tagsüber, nein, auch die ganze Nacht lang offen. Darin Kisten mit Getränken, auch die halben Flaschen Champagner. Da könnte ein neugieriger Gast schon in Versuchung kommen ... Dass die Mitarbeiter der Rezeption keine Zimmernummern herausgeben, ist lobenswert, aber es kann die Sicherheitsmängel nicht ausgleichen.

Hoteltest: mangelhaft

Restaurant "Erbprinz"

Als Wiege der deutschen Spitzengastronomie bezeichnet sich der Erbprinz Ettlingen. Und tatsächlich: Die Namen derjenigen, die hier schon in der Küche standen, lesen sich wie das "Who is who" der deutschen Spitzenköche: Eckard Witzigmann und Lothar Eiermann sind darunter, Marc Haeberlin und Hans Haas. Aktuell hält Ralph Knebel das Küchenzepter in der Hand und daran baumelt ein Michelin-Stern. Ich bin gespannt auf die Kulinarik des Gourmetrestaurants und freue  mich auf einen unterhaltsamen Abend bei schönstem Sommerwetter im idyllischen Garten.

Schwere geschnitzte Armlehnstühle und Bänke aus Holz tragen hübsche Polster und Kissen. Sie wirken zusammen mit den fein in Weiß eingedeckten Tischen sehr wertig. Römische Statuen im umgebenden Grün, hohe, alte Bäume und ein massiv-eiserner, mehrarmiger Kandelaber mit goldenen Verzierungen – all das wirkt zusammen auf angenehme Weise oldfashioned. Das Rosentöpfchen auf meinem Tisch passt da gut dazu. Und der sehr aufmerksame Service von Herrn C. und Frau H. ebenfalls. Sämtliche Fragen, die mir zur Speisenkarte einfallen, werden ausführlich beantwortet.

Die Gerichte lesen sich sommerlich leicht und während ich zur Lektüre ein Glas Champagner genieße, fällt die Entscheidung für das Degustationsmenü – fünf Gänge für 99 Euro, bei den sonstigen Einzelpreisen geradezu ein Schnäppchen. Ich will nicht mehr als zwei Gläser Wein trinken und bitte Herrn C. um fachmännische Auswahl. Doch zunächst kommt erst einmal Wasser, ein gut sortierter Brotkorb mit Salzbutter und ein erstes Dreierlei als Gruß aus der Küche: Spinatknödel mit konfierter Tomate und Ziegenfrischkäse, ein kaltes Champignonsüppchen und ein Selleriescheibchen auf Nuss-Cous-Cous. Das geht ja gut los.

Und es geht auch gut weiter mit einem zweiten Amuse: Kartoffelstampf mit Kaviar und einem Meerrettich-Essiggurkenschaum. Sehr apart. Hin und weg bin ich dann von der Joghurt-Kaltschale mit roh mariniertem Steinbutt und Pfifferlingen. Hatte mich die im Roomservice genossene Variante dieser kalten Suppe schon begeistert, so tut es diese ihr mindestens gleich. Optisch ein Hammer, geschmacklich ein Gedicht. Allerdings hätten es auch zwei statt vier Streifen Fisch darin getan, zumal diese mit dem Löffel kaum zu zerteilen sind. Herr C. hat mir einen Weißburgunder RS vom Kaiserstühler Weingut Salwey eingeschänkt, Jahrgang 2014, der sehr gut passt und noch besser schmeckt. Der Wein harmoniert auch prima mit Rochenflügel mit Pulpo und Erbsenravioli, meinem zweiten Gang.

Zwischen Vorspeise zwei und drei hakt es ein bisschen mit dem Service, aber dann kommt mein Favorit dieses Menüs, der lauwarme Thunfisch mit Tomate, Wassermelone und Safranfumet. Was dergestalt eher nüchtern klingt, ist eine tolle Aromenkombi aus Thunfisch in kräuterigem Mantel, reif-süßer Tomate, frisch-fruchtiger Wassermelone und einem warmen Mäulchen voll Safranjus. Herrlich. Ich bin schon fast satt, da sich das Essen doch ein wenig in die Länge zieht. Aber da darf ich schon den Roten zum Hauptgang probieren, einen Corimbo Ribera del Duero 2010, der leider viel zu schnell getrunken ist. Lieber lasse ich ein bisschen vom Hauptgang stehen.

Das Schweinekotelette "Hofgut Silva" wird mit Pfifferlingen, Lauch und Milchschupfnudeln serviert. Ich freue mich, dass das Schwein wohl ein glückliches Leben in extensiver Freilandhaltung hatte (das Prinzip des Oberkircher Hofguts); zubereitet wurde es hier solide, aber ein wenig langweilig. Vor dem Dessert erfrischt mich eine Passionsfruchtmousse mit eingelegten Aprikosen und dann schaffe ich gerade noch so – aber nur, weil es wieder so ein wunderschönes Teilchen ist – die Pfirsichtarte mit ihren vielen spitzen Baiserhäubchen und der Nocke Lavendeleis. Göttlich! Herr C. meint es sicher gut, als er mir zum Espresso eine Platte mit neun Pralinen und Minitörtchen reicht, aber hier muss ich nun endgültig passen. Drei Stunden sind vergangen und es ist empfindlich kühl geworden im Garten. Die Rechnung kredenzt mir Maître Tim Buchmann (155 Euro) und wünscht mir formvollendet noch einen schönen Abend.

Hoteltest: sehr gut

Weckruf

Die Stimme klingt freundlich: "Guten Morgen, Herr/Frau XY, es ist acht Uhr, Ihr Weckruf. Schönen Tag!" Und die Stimme lacht. Schade, dass ich nicht erfahre, zu wem sie gehört.

Hoteltest: sehr gut

Check-out

Ein Kreis schließt sich: Herr W., bei dem ich eingecheckt habe, verabschiedet mich auch. Charmant, korrekt, höflich, nett. Der Empfangsmitarbeiter erkundigt sich nach meinem Aufenthalt und wir plaudern ein Weilchen über besuchenswerte Hotels. Nachdem ich beim Frühstück schon die Inforechnung geprüft habe, läuft der Bezahlvorgang – insgesamt 752,70 Euro – jetzt so nebenher, und wahrscheinlich liegt es daran, dass Herr W. vergisst, sich nach dem Minibarverzehr der letzten Nacht zu erkundigen. Die Tafel Schokolade und der Rotwein bleiben ungesühnt und unbezahlt.

Hoteltest: sehr gut

Lost & Found

Ein im offenen Safe liegengelassener Modeschmuck – nicht wertvoll, aber hübsch – wird nicht gefunden/abgegeben. Der Empfang bemüht sich nach meinem Anruf redlich und lässt auch noch einmal im Safe nachschauen, aber Fehlanzeige.

Hoteltest: mangelhaft

Hoteltest Erbprinz Ettlingen: Gesamteindruck

Auch der Hoteltester ringt manchmal um sein Urteil. Beim Erbprinz sieht er vor allem ein mit viel Liebe und Engagement privat geführtes Traditionshotel, eine erstklassige Gastronomie und etliche nette, kompetente und motivierte Mitarbeiter. Aber er sieht auch eine Fünf-Sterne-Superior-Klassifizierung, die besagen soll: Besser geht’s nicht. Im Erbprinz allerdings geht es besser. Denn der Hoteltest deckt Schwächen auf, die es nicht geben dürfte, Schwächen im eigentlichen Angebot (fehlender Portier/Wagenmeister/Page, fehlender Schuhputz- und Turndownservice, fehlende personalisierte Begrüßung mit frischen Blumen oder Präsent auf dem Zimmer – alles bereits Voraussetzungen für die einfache Fünf-Sterne-Klassifizierung), Schwächen im Housekeeping und in puncto Sicherheit. An all dem lässt sich arbeiten, und das wird der Hotelier mit Sicherheit tun. Aber er muss sich eben auch gefallen lassen, an dem Anspruch gemessen zu werden, den er sich selbst auf die Fahne schreibt.

Gesamteindruck: 54 %
Testurteil: befriedigend

100-81 sehr gut;   80-61 gut;   60-41 befriedigend;   40-21 mangelhaft;   20-0 ungenügend.
Der Gesamteindruck ist nicht das arithmetische Mittel;  die Check-Bereiche sind unterschiedlich gewichtet!