Der Hotelier führt mit seiner Frau Christina seit 2006 in fünfter Generation das Naturhotel Forsthofgut. Mit dem „Team Forsthofgut Campus“ tätigt er ein großes Investment in Mitarbeiter und Employer Branding.
Im Alter von 22 Jahren übernahm Christoph Schmuck den Hotelbetrieb und entwickelte das 109-Zimmer-Hotel im österreichischen Leogang stets weiter. Allein rund 80 Millionen Euro hat er in den vergangenen 17 Jahren in den Ausbau des Gästeangebots investiert. Mit dem „Team Forsthofgut Campus“, der am 1. Dezember eröffnet hat, geht er nun noch einen Schritt weiter und tätigt ein Investment in Mitarbeiter und Employer Branding.
Tophotel: Herr Schmuck, Sie haben gerade den „Team Forsthofgut Campus“ gestartet. Was genau ist das?
Christoph Schmuck: Bei dem Campus handelt es sich um einen 1.300 Quadratmeter großen Mitarbeiterbereich, auf dem gelernt, gelebt und Zeit miteinander verbracht werden soll. Das Konzept ist angelehnt an einen Universitätscampus und beruht auf den fünf Säulen Wellbeing, Education, Social, Food und Living. Es gibt Seminar- und Besprechungsräume, Restaurant, Bar, Lounges, eine Gaming Area für TV- und Spieleabende und ein DJ-Pult. Mir persönlich ist das Thema Education besonders wichtig. Getreu unserem Motto „Wir bereichern Menschen“ möchten wir unsere Mitarbeiter stets weiterentwickeln und bereichern. Beim Thema Food wiederum war unser Anspruch, dass wir ein Verpflegungskonzept in der gleichen Qualität wie für unsere Gäste umsetzen.
Wie kamen Sie auf die Campus-Idee?
Die kam von meiner Frau und mir, denn wir haben uns auf einem Campus – an der Uni in Innsbruck – kennengelernt. Ich mag diese Atmosphäre, wenn junge Menschen zusammenkommen. Da entsteht etwas, da ist Austausch, es kommen Ideen zum Vorschein – und genau diese Atmosphäre soll auch hier im Forsthofgut gelebt werden. Es geht uns darum, dass Menschen zusammentreffen, eine Reise, eine Entwicklung machen, gemeinsam Spaß und eine gute Zeit haben – genau das macht einen Campus aus, und insofern war uns relativ schnell klar, dass wir einen Forsthofgut-Campus entwickeln wollen.
„Ich mag diese Atmosphäre, wenn junge Menschen zusammenkommen. Da entsteht etwas, da ist Austausch.“
Welche Investition haben Sie für das Projekt getätigt?
Wir haben rund 8 bis 9 Millionen Euro in den Campus investiert, parallel dazu auch eine neue unterirdische Anlieferzone sowie Lager- und Logistikflächen geschaffen. Insgesamt kommen wir so auf rund 15 Millionen Euro.
Weshalb wurde ein Projekt in diesem Umfang nötig?
Wir haben das Hotel in den vergangenen Jahren vorrangig in Richtung der Gäste entwickelt, aber weniger Back of House. Der Mitarbeiterstamm ist gewachsen, die dafür nötige Infrastruktur aber nicht. Um Gäste zu begeistern, ist es wichtig, dass wir zuerst unsere Mitarbeiter begeistern. Der Campus soll diesbezüglich ein Zeichen setzen und unseren Mitarbeitern zeigen, dass hier etwas für sie gebaut wurde. Ich bin überzeugt, dass diese Investition die wichtigste ist, die wir jemals getätigt haben.
Sie nannten das Thema Food. Wie hat sich die Mitarbeiterverpflegung verändert?
Der Wunsch unserer Mitarbeiter galt frischeren, gesünderen und veganen Essensangeboten, dazu mehr Auswahlmöglichkeiten. Der Campus verfügt daher über eine eigene Küche, für die wir drei Köche eingestellt haben, die täglich vier kostenlose Mahlzeiten zubereiten. Für mittags und abends haben wir ein Bowl-Konzept ins Leben gerufen, bei dem sich die Mitarbeitenden ihre Gerichte individuell zusammenstellen können. Auch das ein Wunsch seitens des Teams. Dazu können die Mitarbeiter in einem Pizzaoffen ihre selbst belegten Pizzen backen. On top kommt noch ein kleines Spezialangebot für Riegel etc., welches wir zum Selbstkostenpreis über Automaten abwickeln.
Wie setzt sich Ihr Team im Detail zusammen?
Wir sind ein sehr internationales Team mit 260 Mitarbeitern aus rund 15 Nationen – von Kolumbien bis Korea. In der Wintersaison unterstützen uns zudem Kollegen unseres Partnerhotels Daios Cove auf Kreta. Insgesamt ist unser Team sehr weiblich geprägt. Das ist gut so. Ich finde, ein Hotel muss weiblich sein. Auch im Führungskreis von Direktion und Abteilungsleitern – rund 15 Personen – sind die Männer in Unterzahl. Wir haben acht Auszubildende, was uns deutlich zu wenig ist. Unser Ziel ist es, in den nächsten drei Jahren auf 20 hochzukommen.
„Ich finde, ein Hotel muss weiblich sein.“
Einen weiterer Campus-Schwerpunkt gilt dem Thema Education. Was bedeutet das konkret?
Die Säule Education gilt unserer Mitarbeiter-Akademie, die bei uns auf einem dreistufigen Modell basiert. Stufe eins setzt mit Basisinhalten für alle Kollegen an, Stufe drei ist vor allem für potenzielle oder Führungskräfte ausgelegt. Der Großteil der Schulungen zielt dabei auf eine persönlichkeitsbildende Entwicklung ab. Wir wollen Menschen im Haus haben, die das richtige Mindset für den Job bei uns mitbringen. Mir ist es etwa nicht so wichtig, ob der Teller beim Servieren von rechts oder links eingestellt wird, solange es dem Mitarbeiter gelingt, dem Gast ein ganz besonderes Gefühl zu vermitteln. Ich glaube, dass es heutzutage um diese besonderen Momente für Gäste geht, wenn wir über Dienstleistung sprechen.

Wer vermittelt die Lerninhalte?
Externe Trainer, doch wir wollen auch einiges selbst abdecken, etwa durch Train-the-Trainer-Angebote. Unser Ziel ist es, Weiterbildung nachhaltig und wiederkehrend zu vermitteln sowie mit eher kurzen Impulsen. Es wird sogenannte Quickies geben, die sich gut in den operativen Hotelablauf integrieren lassen, aber natürlich auch Halbtags- und Tagesveranstaltungen. Dazu wollen wir das Thema E-Learning, dass wir seit zwei Jahren mit einer App bespielen, noch mehr forcieren, da sich Schulungen und Weiterentwicklung über diesen Kanal ebenfalls gut abbilden lassen. Uns ist klar, dass es hier auch Treiber und Kümmerer braucht, denn angesichts einer Hotelauslastung von mehr als 90 Prozent hatten wir in der Vergangenheit oft die Herausforderung, dass die Kapazitäten für die Weiterentwicklung im Team gefehlt haben. Das wollen wir künftig besser machen.
Weitere Campus-Säulen sind Wellbeing, Social und Living – was verbirgt sich dahinter?
Das Campus-Konzept sieht ebenfalls eine gewisse Freizeitkomponente für unsere Mitarbeiter vor. Wir haben Räumlichkeiten geschaffen, wo Mitarbeiter in den Pausen, aber auch nach Feierabend gemeinsam Zeit verbringen und zusammenwachsen können. Wir sehen das auch als Möglichkeit, um den „Klebstoff“, der unser Team zusammenhalten soll, zu stärken. Ähnlich wichtig wie Arbeit und Weiterbildung ist es, Freizeitmöglichkeiten zu schaffen, wo die Mitarbeiter auch einmal feiern und abseits des Jobs eine gute Zeit haben können.
Im Zusammenhang mit dem Campus fällt auch der Slogan „We turn Work into Play. Food into Nourishment.
Time into Happiness. And Team into Family.“ Was hat es damit auf sich – und: will denn jeder diese Gemeinschaft so intensiv leben? Das ist das Credo für den Campus beziehungsweise für dessen Werbekampagne. Employer Branding hat heute einen hohen Stellenwert. Unser Ziel ist es, das Forsthofgut als hochattraktiven Arbeitgeber am Arbeitsmarkt zu etablieren. Hier sehen wir den Campus als starkes Argument und Entscheidungskriterium für das Forsthofgut, wenn es um die Gewinnung neuer Mitarbeiter geht. Was die Gemeinschaft anbetrifft, so haben wir bereits vor dem Campus Mitarbeiterveranstaltungen angeboten – von Yoga über Wanderungen bin hin zum Herbstfest auf unserer Alm. Es gibt natürlich eine gewisse Brandbreite an Mitarbeitern, die mit Feuereifer dabei sind, aber auch welche, die sagen, finde ich gut, ist aber nichts für mich. Auf dem Campus haben wir nicht nur Schulungsräumlichkeiten, sondern auch eine Bar und eine Küche. Dort wollen wir Cocktail-Masterclasses anbieten oder auch mal einen Kurs mit unserem Sushimeister aus dem Mizumi. Der Großteil der Kollegen sagt Wow, wir freuen uns schon drauf, wenn mal ein After-Work-Event stattfindet oder eine gemeinsame Kochveranstaltung.
Wie definieren Sie Arbeit vor dem Hintergrund von New Work und Gen Z? Gibt es Veränderungen, die Sie als Führungskraft leben wollen?
Absolut. Die Welt ist massiv im Umbruch, was das betrifft. Vor zwei Wochen war unser Führungskreis zwei Tage in Klausur am Tegernsee und hat sich mit diesen Themen beschäftigt. Beispielsweise, wie die neue Generation Gäste, aber auch die neue Mitarbeitergeneration tickt, und wie wir als Arbeitgeber darauf reagieren können. Unser Campus ist eine Reaktion auf diese Veränderungen. Wir sind der Meinung, dass der Spruch „Der Gast ist König“ extrem überholt ist. Bei uns soll es viel mehr um Augenhöhe zwischen unseren Mitarbeitern und dem Gast gehen, ebenso wie um Augenhöhe zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Gerade mit jungen Mitarbeitern müssen wir heute einen anderen Führungsstil pflegen und auch weiterentwickeln.
Wie tickt die neue Generation und welche Herausforderungen bedeutet das für Sie als Arbeitgeber?
Die neue Generation fragt sehr stark nach Sinn, nach Erklärung und warum etwas gemacht wird. Unser Credo „Wir bereichern Menschen“ ist für mich der Grund jeden Tag aufzustehen und das versuche ich auch den jungen Menschen zu vermitteln, wenn es um den Sinn ihrer Tätigkeit geht. Ein weiterer Punkt, dem wir Rechnung tragen müssen, ist eine Ausgewogenheit zwischen Job und Freizeit, die die neue Generation stark einfordert.

Welche Führungsphilosophie verbirgt sich hinter Ihrem Credo „Wir bereichern Menschen“?
Das Credo ist abgeleitet vom Golden-Circle-Denkmodell des Buchautors und Unternehmensberaters Simon Sinek. Er sagt, es kommt nicht so darauf an, was du machst oder wie du es machst, sondern warum du es machst. Was ist dein Antrieb, dein Grund, jeden Tag aufzustehen? Damit haben wir uns gemeinsam mit unseren Mitarbeitern und extern moderiert intensiv auseinandergesetzt. Das Ergebnis war das Credo „Wir bereichern Menschen“. Wir versuchen unser Haus stark wertebasiert zu führen und haben für das Forsthofgut sieben Werte definiert – familiär, feinfühlig, herzlich, leistungshungrig, kultiviert, mutig, erantwortungsbewusst –, die unsere Genetik und den Grund ausmachen, jeden Tag aufzustehen. Diese geben uns Orientierung und sind auch für die jüngeren Kollegen eine wichtige Leitplanke.
Leistungshungrig klingt ehrgeizig?
Wir sind durchaus ein Haus, das sich immer weiterentwickeln will und diesen Leistungshunger hat. Wir wollen Kollegen haben, die genauso ticken. Wir sprechen auch in Bewerbungsgesprächen über diese Werte, wie wir sie verstehen und wie die potenziellen Mitarbeiter darüber denken, um einen guten Fit zu haben und Menschen einzustellen, die zu uns passen.
Wer hat den Campus maßgeblich gestaltet?
Das war ein Team aus Architekten, einem HR-Berater, einem Teil unserer Mitarbeiterschaft sowie meiner Frau und mir. In einer eigens initiierten Workshop-Reihe durften alle ihre Ideen und Wünsche für den Campus einbringen, darunter war etwa die Gaming-Zone, die wir realisiert haben. Für das Interior zeichneten vorrangig meine Frau und das Architektenteam verantwortlich. Hier war uns wichtig, dass der neue Mitarbeiterbereich genauso hochwertig gestaltet ist wie unsere Gästebereiche. Das ist auch unsere zentrale Botschaft: Wir wollen keinen Unterschied machen! Wir wollten eine Wohlfühlatmosphäre schaffen, die dem Hotel in nichts nachsteht.
„Unsere zentrale Botschaft: Wir wollen keinen Unterschied machen!“
Wie lange dauerte Entwicklungsprozess – von der Idee bis Bauabschluss?
Zirka drei Jahre – vom Erstkontakt zum Architekten bis hin zur Fertigstellung. Die Bautätigkeit selbst erstreckte sich vom 11. April bis 1. Dezember dieses Jahres. Am 13. Dezember haben wir ein großes Eröffnungsfest geplant.
War der HR-Berater nur für das Campus-Projekt dabei oder begleitet er Sie schon länger?
Im Bereich HR haben wir eine Beratungsfirma, die uns auch schon zirka vier Jahre begleitet. Wir haben vor zwei Jahren eine HR-Offensive gestartet, wir nennen es Mitarbeiter-Offensive. In deren Zuge haben wir die HR-Abteilung auf fünf Kollegen aufgestockt. Wir sind der Meinung, dass die HR-Abteilung die Servicestelle für unsere Mitarbeiter sein muss, deshalb haben wir sie in den Campus integriert. So haben Mitarbeiter, wenn sie ein Anliegen haben, gleich jemanden greifbar, der sie unterstützen kann.
Wie kam es zu dieser Mitarbeiter-Offensive?
Weil die Mitarbeiter der Erfolgsgarant für ein Hotel sind. Wenn wir Gäste begeistern wollen, müssen wir Mitarbeiter begeistern. Wir sind im Wettbewerb um die besten Köpfe der Branche, da wollen wir vorn dabei und konkurrenzfähig sein. Und deshalb haben wir gesagt, das ist gut in die Zukunft unseres Unternehmens investiert, wenn wir eine Mitarbeiter-Offensive lancieren, die HR-Abteilung aufstocken und einen Campus umsetzen.
Ist es bei 260 Mitarbeitern immer leicht, alle Stellen besetzt zu besetzen?
Nach dem langen Lockdown war es sehr schwierig und erst einmal ein Tal, das wir durchschreiten mussten. Jetzt geht es wieder bergauf. Für den Winter haben wir bis auf drei Kollegen das Team komplett. Letzten Winter und diesen Sommer war es dasselbe. Daher bin ich guter Dinge. Der Campus soll dazu beitragen, die Fluktuation generell reduzieren und die Verweildauer unser Mitarbeiter noch einmal zu erhöhen.
Wie ist es derzeit um die Verweildauer bestellt?
Wir sind ein sehr junges, internationales Team, entsprechend wechseln auch immer wieder Kollegen nach zwei, drei Jahren. Die generelle Verbleibdauer ist deutlich länger, da wir einen sehr soliden Stamm aus Mitarbeitern haben, die hier zuhause und auch zehn, zwanzig Jahre bei uns sind.
Macht Leogang als gefragte Hoteldestination den Ort auch zur gefragten Mitarbeiter-Destination?
Ich denke ja. Wir beobachten, dass Leogang Mitarbeiter anzieht, und dass die Qualität der Hotelbetriebe vor Ort am Mitarbeitermarkt ein Pluspunkt ist. Im örtlichen Tourismusverband, in dem ich als Obmann engagiert bin, versuchen wir seitens der Destination Akzente zum Thema „Arbeitsraum-Lebensraum“ zu setzen. Wir sind der festen Meinung, dass Leogang ein hochattraktiver Lebensraum ist und wir sehen, dass sich viele Mitarbeiter, die auf eine begrenzte Zeit hierherkommen, sich in Leogang niederlassen und auch Familien gründen. Auf politischer Ebene versuchen wir zu forcieren, dass die Gemeinde noch mehr Augenmerk auf die Entwicklung von Wohnraum legt.
Eines ist entgegen einem Uni-Campus mit Ihrem Campus allerdings nicht verbunden: Wohnmöglichkeiten.
Nein, denn wir haben schon diverse Mitarbeiterhäuser errichtet, stellen inzwischen 140 Mitarbeiterzimmer/- wohnungen. Dafür haben wir 2008 gemeinsam mit drei Hotelkollegen vom Salzburger Hof, Hotel Rupertus und Hotel Riederalm eine GmbH gegründet, die Mitarbeiterhäuser errichtet und betreibt. Das ist schön, weil wir es als Mitbewerber in gutem Einvernehmen tun und die wirtschaftlichen und administrativen Vorteile eine Win-win-Situation für alle bedeuten.